PRESSEMITTEILUNG, 22.Dezember 2016
Zweierlei Maß bei Kreisflächennutzung
Ratzeburg. Vor der Kreistagssitzung am 8. Dezember hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einige seiner Kernaussagen zur Domänenverpachtung präsentiert wie “Trinkwasser retten, Lebensmittel Nr. 1”, “Bäche, Seen und Grundwasser retten!”, “biologische Vielfalt auf den Domänen”, “Stopp die Monokulturen auf Kreisflächen”, “Offenlegung aller Fakten & Pläne” und “Eigentum verpflichtet”. In der Bürgerfragestunde konnten wir eine kleine Diskussion anstoßen, in der Kreispräsident Füllner erklärte, der Kreis nehme seine Verantwortung für die Nachhaltigkeit der Domänen ernst und auch wahr. CDU-Fraktionschef Brackmann vertrat die Meinung, durch die Öffentlichkeitsarbeit des BUND sei auch schon eine ausreichende öffentliche Beratung des Kreistages gegeben. Welches Demokratieverständnis hat dieser Mann? Immerhin kündigte die SPD an, die Kommunalaufsicht in der Sache zu befassen. Bezeichnend ist auch, dass die CDU- und die FDP-Abgeordneten, anders als SPD und Grüne, die Gesprächsangebote aller Umwelt- und Naturschutzverbände völlig ignoriert haben. Damit wurde das Beratungspotential der Verbände in den Wind geschlagen, was Anfang der 1990er Jahre durch die Rot-Grün-Mehrheit bei der Domänenverpachtung noch ausgiebig und hilfreich genutzt wurde. Im Vergleich mit der forstlichen Nutzung der Kreisflächen ist heute zudem festzustellen, dass diese nach FSC (Forest Stewardship Council), der international höchsten Waldzertifizierung bewirtschaftet werden, die landwirtschaftlichen Kreisflächen, außer auf der Domäne Fredeburg, aber weiterhin konventionell. CDU und FDP messen hier mit zweierlei Maß. Dafür muss es einen triftigen Grund geben – aber welchen? Wir bleiben wachsam.
OFFENER BRIEF, 24. November 2016
An alle Kreistagsabgeordneten
des Kreises Herzogtum Lauenburg
Betreff: Umstellung landwirtschaftlich genutzter Kreisflächen
hin zu einer umwelt- und naturverträglichen Bewirtschaftung
Anlass: Domänenverpachtung bis 2051 geplant
Aktuell: vor drei Wochen hat die EU-Kommission die bereits im April 2016 angekündigte Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland eingelegt wegen überhöhter, steigender Nitratbelastung des Grundwassers und weil der Bund nicht genug dagegen tut. Die Klage ist mit 1.500 Seiten Anhang versehen. Hauptakteur laut Klage ist die Landwirtschaft.
Sehr geehrter Herr Kreispräsident Füllner,
sehr geehrte Damen und Herren Kreistagsabgeordnete,
anlässlich der beantragten Weiterverpachtung der Domäne Kittlitz bis zum Jahr 2051 möchte der BUND Ihnen hiermit eindringlich seine Sichtweise auf die seit Jahren bekannte Problematik der übermäßigen Belastung der Fließgewässer, Seen und des Grundwassers mit Dünger und sogenannten „Pflanzenschutzmitteln“ darlegen.
Der BUND bittet Sie, Ihre besondere Verpflichtung als öffentlicher Eigentümer gemäß Art. 14 (2) GG („Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“) und in Ihrer Vorbildfunktion wahrzunehmen, indem Sie die Nutzung aller Kreisflächen baldmöglichst für eine umwelt- und naturverträgliche Bewirtschaftung freigeben. Änderungen an Pachtverträgen sind dafür beste Termine.
Der BUND bittet Sie, unsere nachstehend empfohlenen Maßnahmen für alle Flächen des Kreises öffentlich und ausgiebig in Ihre Beratung einzubeziehen und in Ihren Kreistagsentscheidungen mit zu berücksichtigen.
Wir stellen fest:
- Bauern und Landwirte wirtschaften grundsätzlich gesetzeskonform.
- Die gesetzlichen Defizite beim Verstoß gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) und die bestehende nicht zielführende Düngeverordnung sind von der Bundesregierung zu vertreten.
- Der nach EU-WRRL schlechte chemische und biologische Gewässerzustand der Fließgewässer, Seen und des Grundwassers ist insbesondere auch im Bereich der Domänen stark ausgeprägt.
Unsere Ziel- und Maßnahmenvorschläge:
- Kurzfristig und dauerhaft: Stopp von Schadstoffeinträgen in alle Gewässer durch kostenfreie Gewässerschutzberatung der Landwirtschaftskammer im BG 6.
- Kurzfristig und dauerhaft: Herstellung und Unterhaltung von Dränteichen zur Bin-dung und zum Austrag überschüssiger Nährstoffe vor Eintritt ins Gewässer.
- Kurzfristig und dauerhaft: Ackerbestellung mit Untersaat und Winterbegrünung zur oberflächennahen Nährstoffbindung für nachfolgenden Fruchtanbau.
- Mittelfristig und dauerhaft: Herstellung von vielfältigen Gewässerrandstreifen mit 10 m Breite und naturschonende Unterhaltung an allen Gewässern.
- Kurzfristig und dauerhaft: Aufgabe der Ackernutzung auf Niedermoorböden und Niederungsflächen mit Anhebung des Grundwasserstandes zum Moorerhalt u.a. als Klimaschutzmaßnahme.
- Kurzfristig und dauerhaft: Streifenweiser bis 70 m breiter Anbau von Kulturen auf den großen Ackerflächen mit mindestens 4 unterschiedlichen Arten.
- Mittelfristig und dauerhaft: Wiederherstellung einer hohen Biodiversität auf allen kreiseigenen Flächen durch umwelt- und naturverträgliche Bewirtschaftung nach dem neuesten Stand der Technik wie z.B. integrierter Pflanzenschutz, pfluglose Bewirtschaftung und Schlitztechnik bei der Gülleausbringung.
- Kurzfristig und dauerhaft: Bevorzugte Verpachtung der Domänen wie auch der Einzelflächen an Landwirte, die bereits nach Kriterien eines anerkannten Verbandes im ökologischen Landbau (Demeter, Bioland, Naturland, Biopark) wirtschaften oder verbindlich dahin umstellen wollen.
- Kurzfristig und dauerhaft: Konsequente Fortführung der Kreisentwicklung zur „Kultur- und Erholungslandschaft Herzogtum Lauenburg“.
Unsere Strategieempfehlungen für den Kreis:
- Gesetze und Verordnungen für den Gewässer- und Naturschutzz vor Überdungung, Pestiziden und gentechnisch veränderten Organismen bei Bund und Land einfordern.
- Starke Umschichtung der Agrarsubventionen in die 2. Säule im Rahmen der GAP-Verhandlungen bei Land, Bund und EU einfordern.
- Fördermittel bei Bund und Land beantragen und einwerben zur Umstellungs-beratung und für Maßnahmen zur ökologischen Landbewirtschaftung.
- Vorbereitende Konzept- und Anwendungsplanungen für alle Kreisflächen unter Beteiligung der Domänenpächter und der Träger öffentlicher Belange erstellen zur Vorbereitung einer nachhaltigen Landbewirtschaftung und Erholungsregion Kreis Herzogtum Lauenburg.
- Bei Aktualisierung der Pachtverträge bitte berücksichtigen:
• Ausschluss von Klärschlammverbringung auf Kreisflächen
• Ausschluss von Glyphosatanwendung auf Kreisflächen
• Rückführung vormaliger Grünländereien zum Stand 1990
Prioritäre Bewertungen und Verantwortung:
- Das öffentliche Gemeineigentum der Kreisdomänen ist bezogen auf die Gewässer und die Biodiversität in einem schlechten, nicht nachhaltigen Zustand. Höchste Priorität muss deshalb der sofortige Beginn einer planmäßigen, geordneten Wiederherstellung des guten Zustandes sein.
- Für den derzeit deutschlandweit weit überwiegend schlechten Zustand landwirtschaftlicher Flächen bezogen auf die Gewässer und die Biodiversität ist die Bundesregierung rechtlich verantwortlich, nicht Bauern und Landwirte.
- Die demokratisch gewählten Vertretungen der öffentlichen Grundeigentümer Land, Kommunen und Kirchen, wie auch der Kreistag Herzogtum Lauenburg, stehen in der Verantwortung für das öffentliche Gemeinwohl gemäß Art 14 (2) Grundgesetz, „Eigentum verpflichtet“.
- Jede und jeder Abgeordnete muss Verantwortung übernehmen und bewertet mit ihrem bzw. seinem Votum zum Domänenpachtvertrag, ob eine nachhaltige Wiederherstellung des guten Zustandes der Gewässer und der Biodiversität oder eine Maximierung der Pachteinnahmen dem Gemeinwohl mehr dient.
Der BUND bittet Sie, sich mit der Gesamtproblematik eingehend zu befassen und erhofft von Ihnen eine konstruktive Lösungsstrategie, die in kompetentem Kreis gemeinsam mit den Umweltverbänden entwickelt wird.
Im Dateianhang übersenden wir zu Ihrer Kenntnisnahme eine Folie aus dem MELUR über die Gewässersituation im Kreis Herzogtum Lauenburg. Weitergehende Informationen dazu können Sie unter www.schleswig-holstein.de/wanis erfahren.
Mehr als jeder zweite Honig aus deutschen Supermärkten mit Pestiziden belastet.
BUND fordert Ausstiegsplan für Ackergifte
Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat in 13 von 22 Honigen aus deutschen Supermärkten Rückstände von Pestiziden festgestellt. Die Proben waren zumeist mit dem Neonikotinoid Thiacloprid belastet. Dieses hochwirksame Nervengift kann beim Menschen Krebs erregen und schädlich für die Fortpflanzung sein. Für Bienen und andere nützliche Insekten ist es tödlich, schwächt das Immunsystem oder beeinträchtigt die Orientierung.
„Die Ergebnisse sind alarmierend und zeigen, dass wir in Deutschland und der EU ein ernsthaftes Problem mit Pestiziden in der Landwirtschaft haben“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Neonikotinoide sind mitverantwortlich für das Bienenvölkersterben und reduzieren die Artenvielfalt auch bei Vögeln und anderen Wildtieren. Umweltschädliche Ackergifte werden im Obst- und Rapsanbau in großer Menge eingesetzt und gelangen deshalb in die Lebensmittel. Verbraucher können sich vor Ackergiften ebenso wenig schützen wie Tiere und die Natur“, sagte Weiger.
„Agrarminister Christian Schmidt präsentiert sich gern als Bienenschützer, ignoriert jedoch beharrlich die Rolle der Pestizide beim Verlust von Bienenvölkern“, kritisierte der BUND-Vorsitzende. „Schmidt muss Neonikotinoide verbieten und einen schnellen Pestizid-Ausstiegsplan auf den Weg bringen. Umweltgefährdende Pestizide gehören nicht auf den Acker. Die Landwirtschaft ist auf die Bestäubungsleistung von Bienen und Wildbienen dringend angewiesen, zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen hängen davon ab“, sagte Weiger.
Der BUND hatte die Honige von einem unabhängigen Labor auf Neonikotinoide untersuchen lassen. Alle sechs getesteten Honige deutscher Herkunft waren mit Thiacloprid belastet, einer enthielt zusätzlich auch das Neonikotinoid Acetamiprid. Weitere 11 Honige stammten aus anderen EU-Ländern, davon waren sieben ebenfalls mit Thiacloprid belastet. In den übrigen fünf getesteten Honigen mit Herkunftsbezeichnung „aus EU- und Nicht-EU Ländern“, die aus gemischter Ware bestehen, wurden keine Neonikotinoide gefunden.
Wegen ihrer Gefährlichkeit hatte die EU-Kommission schon im Jahr 2013 die Zulassung von drei Neonikotinoiden für von Bienen bevorzugte Pflanzungen vorerst beschränkt. Seitdem wird das von Bayer hergestellte Thiacloprid meist als Ersatz verwendet, das jedoch ähnlich gefährlich ist. Der BUND fordert ein dauerhaftes Verbot aller Neonikotinoide auf EU-Ebene.
Zu den Ergebnissen des BUND-Honig-Tests (PDF): www.bund.net/honigtest
Pressekontakt: Corinna Hölzel, BUND-Pestizidexpertin, Tel. 0175-4487691 bzw. Annika Natus, BUND-Pressereferentin, Tel. 030-27586-464/-425, Fax: 030-27586-440, E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net