Kooperation im Grünen Band
Ist die im Grünen Band vor den Toren Lübecks im Bau befindliche zweispurige Brücke über die Wakenitz (44 t Tragkraft) als Ersatz für das nicht mehr funktionsfähige einspurige Bauwerk (6 t Tragkraft) oder als Ausbaumaßnahme zu betrachten? – Um das zu klären, und weil durch die überdimensionierte Brücke mehr, schnellerer und vor allem Schwerlastverkehr im Kerngebiet des Biosphärenreservates Schaalsee befürchtet werden, hatte der BUND Klage eingereicht.
Das Planfeststellungsverfahren ist kein gewöhnliches – es sind nämlich zwei: Verfahrensteil A behandelt den größten Teil der Brücke auf schleswig-holsteinischer Seite, während sich Verfahrensteil B mit dem mecklenburgischem Gebiet befasst, auf dem sich das östliche Widerlager befindet und die befürchteten verkehrlichen Auswirkungen zu erwarten sind.
Um den unangemessenen Eingriff im Kerngebiet des Biosphärenreservates, dem eine Vorrangfunktion für den Naturschutz zukommt, abzuwenden, hätte im Idealfall gegen beide Planfeststellungsbeschlüsse geklagt werden müssen. Aus Kostengründen kam es zu einer Kooperation der BUNDLandesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein (der die Klage finanziert), wonach nun der östliche Verfahrensteil B gerichtlich angegriffen wird. Hier vor allem wären Störungen der Tierwelt durch Kollisionen, Lärm, Schadstoffemissionen, Unfälle und Straßenausbau zu befürchten.
Der Vorhabenträger vermeidet konsequent, die geplante Brücke als Ausbaumaßnahme erscheinen zu lassen. Eine solche verstieße nämlich gegen die Bedingungen, unter denen die Bundesrepublik Deutschland die Entwicklung von Naturschutzmaßnahmen und die Verbesserung der Wertigkeit des Biosphärenreservates mit erheblichen Geldmitteln fördert. Wörtlich heißt es unter der Überschrift »Sicherung und Unterstützung der Projektziele«: »Es wird erwartet, dass die Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Projektträger gewährleisten, dass im gesamten Kerngebiet und in besonders zu schützenden Bereichen sowie in mit öffentlichen bzw. Naturschutzmitteln geförderten Bereichen des übrigen Projektgebietes keine Bebauung, kein Abbau von Bodenschätzen, keine Einrichtung oder Erweiterung touristischer Anlagen und von Freizeitanlagen sowie kein Neuoder Ausbau von Straßen oder Wegen erfolgt.«
Grundsätzlich wäre gegen die Wiederaufnahme von durch die Teilung Deutschlands abgeschnittenen Wegeverbindungen zwischen Ost und West nichts einzuwenden. Doch die Verhältnisse haben sich in dieser Region geändert: Beim Bau der Ostseeautobahn wurde vereinbart, dass mit der Bündelung der Verkehre durch die A 20 weitere Zerschneidungen des inzwischen entstandenen höchst schützenswerten Naturpotenzials vermieden werden sollten. Nach nunmehr 15 Jahren scheint diese Maßgabe schon wieder vergessen. So gibt es ein paar Kilometer nördlich des jetzt beklagten Vorhabens ein weiteres Brückenbauprojekt, das noch in diesem Jahr verwirklicht wurde – zwar nur für Radfahrer und Fußgänger, jedoch ohne dass noch eine Verkehrsbeziehung vorhanden oder eine Vereinbarkeit mit den Schutzzielen des Biosphärenreservates erkennbar wäre.
Die Verhinderung einer viel zu groß dimensionierten Brücke über die Wakenitz bei Rothenhusen hätte ein Zeichen setzen können, das deutlich macht, dass einer Durchlöcherung und Entwertung des Grünen Bandes als einmaliger Biotopverbund erfolgreich Einhalt geboten werden kann. Leider wurde dieses Ziel nicht erreicht. Im Rahmen einer Mediation musste ein Kompromiss erzielt werden, der immerhin vorsieht, dass als Ausgleich Maßnahmen für den Naturschutz in Höhe von fast 200.000 Euro im Biosphärenreservat vorgenommen werden müssen. Ulrich Seibt
Das Foto zeigt einen Blick ins Naturschutzgebiet Wakenitztal