BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


Projekt Wakenitzbrücke

Streit um Naturschutzauflagen


Wahrheiten zum Brückenbau

Im Jahre 2003 hatte der Kreistag den Neubau der Brücke über die Wakenitz bei Rothenhusen beschlossen. Die Mehrheit der Parlamentarier votierte für die große zweispurige Lösung. Nach Ansicht des BUND wäre der Erhalt der einspurigen Variante naturverträglicher und auch ausreichend gewesen. Als allerdings die Planungen offenbarten, dass die Naturschutzbelange im Naturschutzgebiet Wakenitz nach Ansicht der Naturschutzverbände nicht annähernd erfüllt werden sollten, klagte der BUND gegen den Bau. Um einen langen Gerichtsgang zu vermeiden, einigten sich Straßenämter, Verwaltung und BUND auf einen Kompromiss: Der Bau soll schnellstmöglich beginnen, dafür müssten aber wichtige Erfordernisse des Naturschutzes eingehalten werden. Dazu gehörten ein Otterdurchlass, Kleintierquerungsmöglichkeiten und eine Beschränkung der Bauzeit auf die Wintermonate. Der letzte Punkt führte zu einer Eskalierung, als sich herausstellte, dass die Bauarbeiten nicht im Zeitfenster beendet werden konnten. Gerichtliche Maßgaben und eine Pressekampagne gegen den BUND brachten den Naturschutz in die Defensive. In einer Richtig/Falsch-Darstellung haben wir jetzt die Maßnahmen der Verwaltung und die Pressereaktion dazu aufgearbeitet.

Warum viele Behauptungen nicht stimmen
             
Der in Folge einer Klage des BUND gegen einen überdimensionierten Brückenneubau im Unesco-Biosphärenreservat, einem Schutzgebiet von europaweiter Bedeutung, von Gerichten verhängte Baustopp hat zu heftigen Reaktionen in der Bevölkerung geführt. Unkenntnis über nicht erfüllte Naturschutzauflagen und Stimmungsmache gegen den Naturschutz haben zu falschen Behauptungen geführt, von denen der BUND hier einige richtig stellt.

Zum Foto: Bauzustand der Brücke über die Wakenitz bei Rothenhusen am 2. März 2009 nach Ablauf der Baufrist. Witterungsschutzaufbauten auf der Brücke zeigen, dass Korrosionsschutz der Stahlkonstruktion und Montage der Brückenübergänge sowie die Erdarbeiten an den Rampen (vorn) nicht abgeschlossen sind.

Kooperation im Grünen Band

Ist die im Grünen Band vor den Toren Lübecks im Bau befindliche zweispurige Brücke über die Wakenitz (44 t Tragkraft) als Ersatz für das nicht mehr funktionsfähige einspurige Bauwerk (6 t Tragkraft) oder als Ausbaumaßnahme zu betrachten? – Um das zu klären, und weil durch die überdimensionierte Brücke mehr, schnellerer und vor allem Schwerlastverkehr im Kerngebiet des Biosphärenreservates Schaalsee befürchtet werden, hatte der BUND Klage eingereicht.

Das Planfeststellungsverfahren ist kein gewöhnliches – es sind nämlich zwei: Verfahrensteil A behandelt den größten Teil der Brücke auf schleswig-holsteinischer Seite, während sich Verfahrensteil B mit dem mecklenburgischem Gebiet befasst, auf dem sich das östliche Widerlager befindet und die befürchteten verkehrlichen Auswirkungen zu erwarten sind.

Um den unangemessenen Eingriff im Kerngebiet des Biosphärenreservates, dem eine Vorrangfunktion für den Naturschutz zukommt, abzuwenden, hätte im Idealfall gegen beide Planfeststellungsbeschlüsse geklagt werden müssen. Aus Kostengründen kam es zu einer Kooperation der BUNDLandesverbände Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein (der die Klage finanziert), wonach nun der östliche Verfahrensteil B gerichtlich angegriffen wird. Hier vor allem wären Störungen der Tierwelt durch Kollisionen, Lärm, Schadstoffemissionen, Unfälle und Straßenausbau zu befürchten.
Der Vorhabenträger vermeidet konsequent, die geplante Brücke als Ausbaumaßnahme erscheinen zu lassen. Eine solche verstieße nämlich gegen die Bedingungen, unter denen die Bundesrepublik Deutschland die Entwicklung von Naturschutzmaßnahmen und die Verbesserung der Wertigkeit des Biosphärenreservates mit erheblichen Geldmitteln fördert. Wörtlich heißt es unter der Überschrift »Sicherung und Unterstützung der Projektziele«: »Es wird erwartet, dass die Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sowie der Projektträger gewährleisten, dass im gesamten Kerngebiet und in besonders zu schützenden Bereichen sowie in mit öffentlichen bzw. Naturschutzmitteln geförderten Bereichen des übrigen Projektgebietes keine Bebauung, kein Abbau von Bodenschätzen, keine Einrichtung oder Erweiterung touristischer Anlagen und von Freizeitanlagen sowie kein Neuoder Ausbau von Straßen oder Wegen erfolgt.«

Grundsätzlich wäre gegen die Wiederaufnahme von durch die Teilung Deutschlands abgeschnittenen Wegeverbindungen zwischen Ost und West nichts einzuwenden. Doch die Verhältnisse haben sich in dieser Region geändert: Beim Bau der Ostseeautobahn wurde vereinbart, dass mit der Bündelung der Verkehre durch die A 20 weitere Zerschneidungen des inzwischen entstandenen höchst schützenswerten Naturpotenzials vermieden werden sollten. Nach nunmehr 15 Jahren scheint diese Maßgabe schon wieder vergessen. So gibt es ein paar Kilometer nördlich des jetzt beklagten Vorhabens ein weiteres Brückenbauprojekt, das noch in diesem Jahr verwirklicht wurde – zwar nur für Radfahrer und Fußgänger, jedoch ohne dass noch eine Verkehrsbeziehung vorhanden oder eine Vereinbarkeit mit den Schutzzielen des Biosphärenreservates erkennbar wäre.

Die Verhinderung einer viel zu groß dimensionierten Brücke über die Wakenitz bei Rothenhusen hätte ein Zeichen setzen können, das deutlich macht, dass einer Durchlöcherung und Entwertung des Grünen Bandes als einmaliger Biotopverbund erfolgreich Einhalt geboten werden kann. Leider wurde dieses Ziel nicht erreicht. Im Rahmen einer Mediation musste ein Kompromiss erzielt werden, der immerhin vorsieht, dass als Ausgleich Maßnahmen für den Naturschutz in Höhe von fast 200.000 Euro im Biosphärenreservat vorgenommen werden müssen.                                        Ulrich Seibt

Das Foto zeigt einen Blick ins Naturschutzgebiet Wakenitztal

Falsch/Richtig:

Behauptung:
»Der BUND will aus Prinzipienreiterei die Streitigkeiten auf die Spitze treiben.«

Richtig ist:
Die Behörden haben eindeutig Verträge gebrochen, weil sie die Auflagen des
Planfeststellungsverfahrens und der Vereinbarung mit dem BUND (Mediation)
nicht eingehalten haben. Versucht wurde besonders, wesentliche Eingriffe
nicht auszugleichen. Der BUND als staatlich anerkannter »Anwalt der Natur« hat satzungsgemäß und nach dem Bundesnaturschutzgesetz die Aufgabe, die Verletzung von Naturschutzrecht zu verhindern.

Behauptung:
»Mit dem Baustopp spielen Sie mit Menschenleben und nehmen billigend den Tod in Kauf.« »Der BUND ist unglaubwürdig, da die durch den Baustopp gefahrenen Umwege der Umwelt schaden.«

Richtig ist:
In dem rechtsverbindlichen Planfeststellungsbeschluss steht: »Falls wider Erwarten auf Grund der Witterungsverhältnisse die Herstellung des erforderlichen Straßenbelages nicht vor dem 28. Februar abgeschlossen sein sollte, werden kurzfristig zu erstellende Provisorien gebaut und die abschließenden Straßenbauarbeiten im Anschluss an die Brutsaison erbracht.« Damit wäre jederzeit der kurze Rettungsweg über die Brücke gewährleistet. Auch der BUND kritisiert die längere Bauzeit mit der Folge von unnötigen Emissionen. Er konnte sie aber nicht verhindern, weil er nicht beteiligt wurde.

Behauptung:
»Warum kann man nicht wegen ein paar Tagen die Brücke fertig bauen lassen?«

Richtig ist:
Am Ende der in MV gesetzten Frist lag noch nicht einmal das stählerne Mittelteil der Brücke in seinen Lagern. Der BUND hat vom 15.2. bis zum 3.3. angebliche »Restarbeiten« außerhalb der rechtlichen Bauzeit toleriert. Zugleich hat er ein Angebot unterbreitet, die Bauzeit weiter bis zum 14.3. zu verlängern, wenn die nachträglichen Eingriffe unbürokratisch ausgeglichen werden. Die Brücke war damals jedoch ein »Rohbau«, anhand der Zeitpläne zeichnete sich eine Bauverzögerung von 6 bis 8 Wochen ab. Die Weigerung des Baulastträgers, über das Angebot zu reden, machte den Rechtsweg nötig.

Behauptung:
»Der vom BUND beantragte Baustopp ist ein unkluger Schachzug, der der Sache eher schadet als nützt.«

Richtig ist:
Das Ruhen der Bauarbeiten in Mecklenburg-Vorpommern wurde vom dortigen Ministerium in Abstimmung mit dem Verwaltungsgericht Schwerin selbst angeordnet. Der Baustopp in Schleswig-Holstein war eine Maßnahme des Gerichtes in Schleswig als Reaktion auf den Widerspruch des BUND gegen die einseitige und unrechtmäßige Bauzeitverlängerung. Wenigstens in einem Biosphärenreservat und in einem Modellgebiet des Bundesamtes für Naturschutz sind solch grobe Eingriffe und Rechtsverletzungen inakzeptabel.

Behauptung:
»Der Bau konnte wegen der winterlichen Wetterverhältnisse nicht rechtzeitig
fertig gestellt werden.«

Richtig ist:
Versagt hat das Baumanagement, denn beantragt und geplant war eine 5- bis 6-monatige Bauzeit ab Mitte August. Schon im Herbst wurden die Arbeiten unterbrochen. Das Mittelteil aus Stahl und die Betonarbeiten sollten vor der absehbaren Frostperiode eingehoben bzw. im Wesentlichen abgeschlossen sein. Im Januar bereits sollten Nisthilfen für die Rauchschwalbe installiert sein. Die 3.(!) Baubehinderungsanzeige durch eine am Bau beteiligte Firma erfolgte am 2. Februar, 13 Tage vor Ablauf der Baufrist. Schon Anfang Januar vor der wetterungünstigen Zeit wurde intern über eine Bauzeit bis Ende März verhandelt.

Behauptung:
»Dem BUND geht es nicht um Tiere und Umwelt, sondern um Geld«. »Der BUND ist käuflich.«

Richtig ist:
Die Kosten für die Einlegung von Rechtsmitteln sind für Umweltverbände immer erheblich. Der BUND hat dennoch keinerlei Erstattung seiner Auslagen  bekommen oder auch nur solche Forderungen erhoben. Die im Vergleichsangebot vom 2.3. genannte Summe sollte der Stiftung Biosphärenreservat für Naturschutzmaßnahmen zufließen. Das Gleiche gilt auch für sämtliche Regelungen im Rahmen der gerichtlichen Mediaton im Jahr 2008. Alle Gelder sind direkt Naturschutz maßnahmen zugewiesen worden.

Behauptung:
»Die in dem Vermittlungsangebot genannte Geldforderung des BUND war ein
Erpressungsversuch der Umweltverbände.«

Richtig ist:
Bei Annahme des Vermittlungsangebotes hätte der Rechtsstreit um die Brücke vermieden werden können. Parallel zum nötigen Planänderungsverfahren sollten Bauarbeiten toleriert werden. Dieser Weg war der Verwaltung angekündigt. Statt dessen hat der Landrat versucht, mit seinem Erpressungsvorwurf Stimmung gegen den BUND zu machen und eine gerichtliche Entscheidung angestrebt. Das Geld war als Ausgleich für die zusätzlichen Eingriffe in die Natur bestimmt, die im Rahmen der Planfeststellung nicht berücksichtigt werden konnten.

Behauptung:
»Der BUND trägt die Verantwortung für den volkswirtschaftlichen Schaden und die Umweltfolgen eines Baustopps.«

Richtig ist:
Die Verantwortung tragen die beteiligten Behörden. Sie haben die Beteiligung
von Naturschutzverbänden stets als lästig empfunden. Durch die Verkehrung
von Auflagen im Planfeststellungsbeschluss ins Gegenteil und ohne das
vorgeschriebene Verfahren sollte der Schutz der Natur verkürzt werden. Das
winterliche Wetter sollte als Vorwand dienen, um vorhergehende Verzögerungen zu vertuschen und ungenehmigte Eingriffe zu rechtfertigen. Alle
Einigungsbemühungen seitens des BUND wurden torpediert. U.a. wurde die
Bauzeit schon durch vorzeitigen Baubeginn überschritten, so dass der Kreis
Herzogtum Lauenburg eine Unterlassungserklärung abgeben musste.

Behauptung:
»Naturschützer und Behörden hätten sich frühzeitig an einen Tisch setzen
sollen«.

Richtig ist:
Schon ganz zu Anfang des Verfahrens im Rahmen der Erörterung der Einwendungen haben die Vertreter des Baulastträgers Gesprächsangebote der Verbände zurückgewiesen. Das ist in den Protokollen nachzulesen. Die zuständigen Behörden haben in der letzten Phase sogar die rechtlich gebotene Zusammenarbeit verweigert. Sie waren nicht daran interessiert, die Lösungen der Mediation mit dem BUND gemeinsam zu vertreten. Wesentliche Punkte sind bis heute nicht umgesetzt. Eine Beteiligung an der Umsetzung von Maßnahmen fand nicht statt.

Quelle: http://archiv.bund-herzogtum-lauenburg.de/projekte/wakenitzbruecke/