Es hat sich wohl inzwischen unter dem Anteil unserer Mitmenschen, denen die Natur am Herzen liegt, herumgesprochen, dass der Artenreichtum unserer Heimat vor allem durch ein Übermaß an Stickstoff zerstört wird, das durch Industrie- und Autoabgase, vor allem aber durch landwirtschaftliche Gülleentsorgung hervorgerufen wird. Da klingt es geradezu paradox, dass gerade Pflanzen von ohnehin artemarmen Lebensräumen besonders stark verschwinden. Wie kann das sein? Artenarme Lebensräume sind in der Regel die Folge von Mangelsituationen, in denen es einigen wenigen hochspezialisierten, aber konkurrenzschwachen Pflanzenarten gelingt, noch ein Dasein zu fristen, weil die bedrohliche Konkurrenz mit dem Mangel schon nicht mehr zurecht kommt. Solche Pflanzen wachsen nur langsam und bilden meist nur einen Zwergwuchs aus, weil sie mit den knappen Nährstoffen haushalten müssen. Bringt man in deren Lebensräume zusätzliche Nährstoffe ein, breiten sich unweigerlich normalere, anspruchsvollere Pflanzen aus und verdrängen die genügsamen Zwerge.
Lebensräume für solche zwergigen Arten sind dementsprechend extrem rar geworden. Dazu gehören die wenigen verbliebenen nährstoffarmen Seen, in denen äußerlich nur schwer unterscheidbare Arten wie der zu den Wegerichgewächsen zählende Strandling (Bild 1), die Wasserlobelie (Bild 2) und das Brachsenkraut (Bild 3) ein Refugium finden und dort im flachen Wasser dichte Rasen (Bild 4) bilden können. Ein solcher See in unserer Region ist der Garrensee. Er liegt in einer tiefen Senke, die durch einen eiszeitlichen Toteisblock gebildet wurde, der in einem durch einen eiszeitlichen Schmelzwasserfluss ausgegrabenen und ohnehin tiefen Tunneltal liegen geblieben ist. Zuflüsse hat er keine, sondern wird nur von Grundwasser gespeist, das durch den Untergrund gefiltert wird und so klares, nährstoffarmes Seewasser liefert. Dennoch steht auch am Garrensee nicht alles zum Besten. Im Gegenteil, auch der Garrensee wird heutzutage mit überschüssigem Stickstoff verschmutzt, der von den Feldern in die Luft steigt und mit dem Regen in den See fällt; laut Untersuchungen immerhin etwa ein Drittel zusätzlich zu dem Betrag, der von Natur aus mit dem Fallaub der auf den steilen Ufern wachsenden Waldbäume in den See gelangt. Das ist zwar wesentlich weniger, als wenn Bäche ihr überdüngtes Wasser in den See spülen würden, dennoch ist erkennbar, dass sich Fadenalgen - immer die ersten Zeugen von Nährstoffanstiegen im Wasser - über die Zwergpflanzen legen (Bild 6). Dies vermindert nicht nur das ohnehin schache Wachstum der Zwerge, sondern verdrängt zum Beispiel auch Mirkoorganismen wie ein kleines, gestieltes Wimpertierchen (Bild 5), das in wirklich klarem Wasser die Halme und Blättchen besiedeln würde und dann schon mit bloßem Auge wie ein Saum aus winzigen Perlen im Sonnenlicht zu erkennen wären.