März – Spuren im Schnee

Bild 1

„Märzenschnee tut keinem weh“ sagt eine alte Bauernweisheit. Das ist gut zu wissen, da ja in den letzten Jahren die Winter deutlich nach hinten gerutscht sind, so dass man oft meinen könnte, der März wäre ein Januar und umgekehrt. Eine ganze Reihe von Tieren haben aber durchaus Probleme mit dem Märzenschnee, jedenfalls wenn er zu mächtig wird und zu lange liegen bleibt. Immerhin reden wir vom Winterende und vom Vorfrühling. All denen, die den Winter mit einem Winterschlaf oder einer Winterruhe verbracht haben, gehen allmählich die Reserven aus, so dass sie sich notgedrungen auf Futtersuche begeben müssen, obwohl der Winter anhält. Und auch die Tiere, die den Winter über aktiv geblieben sind, würden gerne mal wieder frisches Grün finden, aber das lässt auf sich warten.

Was für die Tiere selbst eher unerfreulich ist, bietet uns nun gute Chancen, spannende Beobachtungen zu machen. Wenn es nachts frisch geschneit hat, lohnt es sich am darauf folgenden Morgen immer, mal nachzusehen, wer des Nachts so unterwegs war. Dies sind natürlich in erster Linie die Mäuse. Wie alle kleinen Tiere haben sie einen hohen Energiebedarf, und so sind sie nun gezwungen, irgendwo etwas Fressbares aufzutreiben. Ihre Spuren im Schnee sind leicht zu erkennen. Mäuse haben lange Schwänze, und deshalb zieht sich ein langer Streifen zwischen den Trittsiegeln, die auf Grund der hüpfenden Fortbewegung paarweise angeordnet sind (Bild 1). Genau genommen trifft dies nicht auf alle Mäuse zu, sondern nur auf die sogenannten Echten Mäuse, die mit den großen Augen und Ohren und eben langen Schwänzen, zu denen Wald- und Gelbhalsmäuse gehören (Bild 2), aber auch Hausmäuse und Ratten.

Bild 2

Die andere große Mäusegruppe, die Wühlmäuse mit ihren kleinen Augen und Ohren und mit kurzen Schwänzen (Bild 3: Rötelmaus), lässt sich im Winter so gut wie gar nicht an der offenen Luft blicken. Ihre Winternahrung finden sie hauptsächlich unter der Erde, wo sie an den Wurzeln der Pflanzen nagen. Das ist sicher nicht die schlechteste Idee, denn nicht nur Pflanzenfresser versuchen jetzt, ihren Hunger zu stillen, wie zum Beispiel die Marder.

Bild 3

Der häufigste und anpassungsfähigste Marder bei uns dürfte wohl der Steinmarder sein, den man an seiner weißen Kehle leicht vom gelbkehligen Baummarder, der sehr viel seltener ist, unterscheiden kann (Bild 4). Steinmarder sind nicht gerade beliebt, sagt man ihnen doch nach, dass sie sich auf jedes Auto stürzen, um die Kabel durchzubeißen. Das mag so sein, und es gibt ja auch Gegenmaßnahmen dafür, die nicht gleich zum Tod des Marders führen. Was uns betrifft, poltern schon seit Jahren Steinmarder in unserem Dach herum, wo sie Jahr für Jahr einen Wurf groß ziehen. Unser Auto ist noch nie von ihnen belästigt worden, aber sie halten uns die Ratten fern, die aus benachbarten Ställen und dem Elbe-Lübeck-Kanal immer wieder mal in unserem Garten auftauchen. Insofern legen wir großen Wert auf unsere Marder, und wenn wir sie dann auch mal zu sehen bekommen, ist das immer ein Ereignis.

Bild 4
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Ihre Spuren (Bild 5) jedoch sind leicht zu finden. Marderspuren, auch die von Iltissen und Wieseln, zeichnen sich dadurch aus, dass im Trittsiegel fünf Zehen zu erkennen sind (Bild 6) im Gegensatz zu den sonst recht ähnlichen Spuren der Katzen, bei denen nur vier Zehen im Abdruck zu finden sind. Marder jagen natürlich, was sie kriegen können, aber meist über der Erde. Die Gänge der Wühlmäuse sind ihnen zu eng (gottlob aber nicht die der Ratten). Dennoch ist auch das Dasein der Wühlmäuse nicht ungetrübt, denn es gibt ja noch die Wiesel, das größere Hermelin und das kleinere Mauswiesel, die mit ihrer beinahe schlangenartigen Gestalt sehr wohl tief in die Mäusegänge vordringen können. Sie sollten jetzt eigentlich ein weißes Winterfell tragen, doch ist die Zeit, in der bei uns sicher Schnee liegt, im Zuge des Klimawandels schon so kurz geworden, dass ein solches Fell seine Tarnfunktion nicht mehr wirklich erfüllen kann. Im Rest der Zeit ist es viel zu auffällig, und so fallen die weißen Tiere wohl öfter als früher größeren Raubtieren zum Opfer, nicht zuletzt unseren Hauskatzen, so dass es immer üblicher wird, trotz Schnee auch im Winter braun gefärbte Hermeline zu beobachten (Bild 7).

Aber nicht nur Hauskatzen interessieren sich für Wiesel, sondern auch die Füchse (Bild 8). Die nehmen natürlich auch Mäuse, Ratten, unachtsame Vögel und was sonst noch des Weges kommt. Wenn der Boden gerade nicht gefroren ist, scharren sie auch schon mal nach Regenwürmern und Engerlingen. Dabei hinterlassen sie natürlich auch ihre Spuren mit vierzehigen Trittsiegeln, die aber im Gegensatz zu den runden Trittsiegeln der Katzen länglich und spitz sind (Bild 9) und damit leider denen von kleinen Hunden ähneln, so dass man sie doch wieder verwechseln kann. Eine sichere Unterscheidung zu Hunden ist schwierig, da Hundespuren sehr variabel sind und es mindestens so viele Varianten wie Hunderassen gibt. Immerhin setzt der Fuchs jedoch seine Füße in der Regel annähernd in einer Linie, das sogenannte Schnüren, wie die Jäger sagen, und dabei bewegt sich der Fuchshintern naturgemäß ständig von einer zur anderen Seite, so dass manchmal der Schwanz im hohen Schnee eine charakteristische Wellenlinie zwischen den Trittsiegeln hinterlässt, so ähnlich wie ein Slalomskiläufer zwischen den Markierungsstangen.

Bild 7
Bild 8
Bild 9

Wenn der Fuchs gerne einmal Engerlinge und Regenwürmer sucht, gräbt der Dachs (Bild 10) sie geradezu leidenschaftlich aus; sie sind seine Leibspeise. Dazu ist er mit kräftigen Grabkrallen ausgestattet, die ihm jedoch nicht viel nutzen, solange der Boden knochenhart gefroren ist. Deshalb bleibt er auch meist in seinem Bau, wo er Winterruhe hält. Jetzt aber kommt er doch öfter mal hungrig heraus und klaubt morsche Baumstämme auf oder ähnliches. Seine langen Krallen verleihen seinen Trittsiegeln ein unverwechselbares Aussehen: Er hat fünf Zehen, da er auch zur Marderfamilie gehört, auch wenn er eher wie ein Verwandter des Waschbären aussieht; und vor den eigentlichen Trittsiegeln hinterlassen die starken Krallen immer markante Eindrücke (Bild11).

Bild 10
Bild 11
Bild 12

Tja, alles nicht so einfach. Am besten, man meidet den Erdboden ganz und hält sich hoch oben in den Bäumen auf. Das macht das Eichhörnchen, das jetzt ebenfalls seine Winterruhe beendet und wieder in den Zweigen herumturnt (Bild 12). Nur die Marder können ihnen dort hinauf folgen, und manchmal finden sie auch das Winterquartier der Eichhörnchen, das sie dann natürlich ausräumen. Dumm gelaufen für das Eichhörnchen. Immerhin bleiben jedoch genug Eichhörnchen übrig, und die gehen jetzt gerne an die Nadelbaumzapfen, die noch immer hoch oben in den Wipfeln hängen. Da sie recht kräftige Tiere sind, reißen sie die Zapfenschuppen heraus, um an die Samen zu kommen. Ein von einem Eichhörnchen aufgerissener Zapfen sieht daher immer regelrecht zerfleddert aus (Bild 13). Wenn Mäuse sich daran machen, sieht der Zapfen sehr viel sauberer bearbeitet aus; die schwächeren Mäuse müssen eben geduldig Zapfenschuppe für Zapfenschuppe einzeln abnagen (Bild 14).

Nun sind harzige Zapfen nicht unbedingt eine Gourmetspeise für Eichhörnchen, und so haben sie schlauerweise vorgesorgt. An vielen Stellen im Wald haben sie Samendepots als Nahrungsspeicher angelegt. Da sie so schlau dann auch wieder nicht sind, sondern viele davon nicht wieder finden, sind Eichhörnchen für die Pflanzung zahlreicher Bäume verantwortlich. Gleichwohl suchen sie beständig nach ihren Vorräten. Die aber sind am gefährlichen Erdboden. Und so kann man auch ihre Spuren im Neuschnee finden (Bild 15). Da sie hüpfen wie die Mäuse, sind auch ihre Trittsiegel immer paarweise gesetzt, und zwar die der länglichen Hinterpfoten immer knapp an denen der runderen Vorderpfoten. Aber Eichhörnchen halten ihre buschigen Schwänze immer empor, so dass sich bei Eichhörnchenspuren niemals eine Schwanzlinie findet.

Bild 13
Bild 14
Bild 15

Solche Ausflüge sind natürlich – wir sagten es schon – riskant. Nur der Hunger treibt das Eichhörnchen von seiner (meistens) sicheren Warte hinab. Wird es dann überrascht, flitzt es so schnell es geht wieder den nächsten Stamm hinauf, und zwar so, dass es sich immer auf der vom Störenfried abgewandten Stammseite hält. Und so hat man das Eichhörnchen denn auch meist schnell aus dem Blick verloren. Manchmal aber versucht es auch, sich zu verstecken. Dumm nur, wenn das Loch doch nicht groß genug ist (Bild 16). Dann bleibt nichts anderes übrig als mit staubbedecktem Gesicht wieder heraus zu kommen (Bild 17). Was für eine Blamage! Aber es hätte ja schlimmer kommen können. Statt meiner Fotografenneugier hätte es ja auch das Interesse eines Marders sein können. Gut für die Eichhörnchen, dass diese meist nachts unterwegs sind, und die Eichhörnchen tagsüber.
Dr. Heinz Klöser

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Bild 17


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