Der andere immergrüne Farn, den unsere Natur zu bieten hat, der Rippenfarn (Bild 7), kann das nicht. Er liebt feuchte, schattige Standorte mit saurem Boden, so dass er vorzugsweise in Fichtenwäldern zu finden ist, wie sie in Skandinavien verbreitet sind. Bei uns findet er sich entsprechen meist in alten Nadelforsten, und dort gerne entlang von Gräben (wenn auch nicht ausschließlich). Er trägt zwei verschiedene Typen von Wedeln, solche mit schmalen Fiedern, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Sporen abzusetzen, und solche mit breitflächigen Fiedern, die die Photosynthese machen. Schon dadurch ist er auch im Sommer nicht zu verwechseln.
Rippenfarne sind einheimisch, aber sie haben dennoch einen weiten Weg hinter sich. Ihre Urheimat liegt am anderen Ende der Erde in den kühlen Südenden der Kontinente, die der Antarktis benachbart sind. Dort gibt es eine Fülle von Rippenfarnarten, während wir nur eine haben. Während der Eiszeit rückten nicht nur die kühlen Zonen der hohen Breiten äquatorwärts vor, sondern auch die Höhenstufen in den Gebirgen sanken auf geringere Höhen. Und so entstand in Mittelamerika eine hinreichend kühle Gipfelregion, die die Anden mit den Rocky Mountains verband. Über diese Bergbrücke kam es zu einer Einwanderung zahlreicher Arten aus Nordamerika in den Süden, darunter Tannen, Eichen, Walnussbäume, Erlen und viele Kräuter, die zum Teil sogar Feuerland erreichten. Es gab aber auch eine Wanderung in die umgekehrte Richtung, und diesen Weg haben auch die Rippenfarne genommen, die mit drei Arten Nordamerika erreichten. Und von dort hat dann eine, unser Rippenfarn, dann die ganze Nordhalbkugel erobert.
So erzählen uns diese Pflanzen Geschichten aus alter Zeit. Ein bisschen Ironie ist natürlich dabei, wenn gerade jetzt im Winter eine Erinnerung an tropische Steinkohlenwälder wach gerufen wird, die heute am ehesten den Sumpfwäldern am Amazonas vergleichbar sein dürften.
Dr. Heinz Klöser