April – Kröten schlucken

Eine Kröte zu schlucken, bedeutet für uns ja eher, dass man sich mit etwas extrem Unangenehmen abfinden muss.  Nun sagte man ja früher: Dem Een sin Uhl is dem Annern sin Nachtigall (so viel Plattdeutsch können wir noch, oder?). Es sollte uns also nicht wundern, wenn eine Kröte zu schlucken bei Anderen durchaus Anklang findet, allen voran bei den Störchen, die jetzt aus ihren Winterquartieren im südlichen Afrika zurückgekehrt sind und im flachen Wasser Jagd auf die Kröten machen (Bild 1), die es dort zur Zeit reichlich gibt, zumindest in den Teichen und Tümpeln, die ihre Eignung als Laichgewässer nicht längst durch Überdüngung, Vermüllung, Fischbesatz oder ähnliches verloren haben oder gleich ganz zugeschoben worden sind.

Bild 1

Kröten sind im Vergleich zu Fröschen durch eine auffällig warzige Haut gekennzeichnet. Sie quaken nicht laut herum wie die Frösche, sondern haben eher leise, zirpende Rufe und können – kurzbeinig, wie sie sind – auch nicht mit den weiten Sprüngen der Frösche mithalten. Auch sonst machen sie sich nicht so richtig bemerkbar. Man kann sich wirklich fragen, was diese stillen Tiere eigentlich getan haben, dass ihnen immer noch ein zweifelhafter Ruf anhaftet.

Bei uns kommen alle drei Arten vor, die es in Mitteleuropa überhaupt gibt. Die häufigste und gleichzeitig unauffälligste Art ist die meist einfarbig braune Erdkröte (Bild 2).  Kröten leben über den Sommer ja an Land, wo sie eher nächtliche Geschöpfe sind, wenn die Sonne nicht brennt und die Luft kühl und feucht ist. Dann vertilgen sie Unmengen von Nacktschnecken, Würmern und Insekten, die uns sonst an den Salat gehen würden, und deshalb kann sich glücklich schätzen, wer einige alte Kröten in seinem Garten beherbergt. Im Moment ist es aber noch nicht so weit, denn jetzt sind die Erdkröten zum Benefit der Störche erst mal im Wasser auf der Suche nach Paarungspartnern (Bild 3).

Bild 2
Bild 3

Die beiden anderen Arten sind ein wenig bunter, aber auch wärmeliebender und daher seltener in unseren nördlichen Gegenden. Die Kreuzkröte ziert bei insgesamt grüner Grundfärbung ein heller Strich, der sich längs über den Rumpf zieht (Bild 4), während die Wechselkröte (Bild 5) scheckige, hundertwasserartig verschlungene rosa und grüne Felder auf ihrer Haut zeigt. Die Wechselkröte ist eine Art, die ihre Hauptverbreitung in den trockenen Steppen und Buschwäldern des Balkans und der Ukraine hat. Für ein Tier, das in seiner Fortpflanzung wie alle Amphibien ans Wasser gebunden ist, ist das schon eine erstaunliche Vorliebe. Damit hängt aber zusammen, dass sie bei uns deutlich vegetationsärmere Bereiche bevorzugt, so dass man sie in Heiden und Kiesgruben antrifft. Man sagt ihr nach, dass sie einen leichten Salzgehalt im Wasser erträgt, und so ist sie auch in den Lagunen am Rand der Ostsee recht häufig.

Bild 4
Bild 5
Bild 6

Interessanterweise ist es aber die weiter nördlich verbreitete Kreuzkröte, die in den Dünenlandschaften an der Nordsee vorherrschend ist, obwohl sie entgegen früherer Vermutungen keinerlei Toleranz gegen Meersalz aufweist. Entscheidend scheint eher zu sein, dass sie besonders früh laicht und dadurch in der Lage ist, frühzeitig austrocknende Pfützen und kleinere Tümpel zu nutzen, wie es sie in den Dünen häufig gibt. So vermeidet sie Konkurrenz, und zumindest mit Räubern unter Wasser ist dann auch nicht zu rechnen. Nur die kleinen Unken (Bild 6) können mit noch kleineren Wasserlachen vorlieb nehmen und lassen dort ihre glockenähnlichen Rufe erklingen.

Den Kröten stehen die Frösche gegenüber, die eine glatte Haut und lange Sprungbeine besitzen. Auch manche Frösche verbringen gerne den Sommer an Land, zumindest die sogenannten Braunfrösche, zu denen bei uns Moor- und Grasfrosch (Bild 7) gehören. Die Grünfrösche hingegen, zu denen Teich- und Wasserfrosch zählen, bleiben gerne so lange im Wasser, wie es geht. Sie sind auch diejenigen, die uns noch bis tief in den Sommer hinein mit ihrem lauten Quaken hören erfreuen (Bild8), während die Braunfrösche Ruhe geben, sobald sie ihre Laichballen (Bild 9) entlassen haben und wieder ans Ufer gegangen sind, wo sie zwischen den prächtig blühenden Sumpfdotterblumen verschwinden (Bild 10).

Bild 7
Bild 8
Bild 9
Bild 10
Bild 11

Doch all dieser frühlingshafte Liebestraum bleibt nicht ungetrübt. Nicht nur die Störche können den Kröten und ihren wechselwarmen Verwandten die Freude verderben, sondern auch eine unserer wenigen Schlangenarten, die Ringelnatter (Bild 11) schaut gerne vorbei, um nach einer fetten Malzeit zu fahnden. Sie schwimmt gut, sie taucht gut, da kann es gar nicht ausbleiben, dass auch der eine oder andere Frosch in ihrem Bauch landet (Bild 12).

Solchen Gefahren entgeht ein weiterer Hüpfer, der Laubfrosch (Bild 13), weil er sich darauf spezialisiert hat, die höheren Etagen der Vegetation zu bewohnen. Er ist mit Saugscheiben an seinen Fingern und Zehen ausgestattet, die es ihm erlauben, sich auch an senkrechten und sogar überhängenden Flächen festzuhalten. So sitzt er gerne in irgendwelchen Büschen, aber besonders gerne auch in dichten Hochstaudenbeständen und im Schilfröhricht. Kommt er dieser Tage zum Wasser, bevorzugt er auch hier die eher krautigen Teichränder, wo die Gefahr, von Natter oder Storch erwischt zu werden, eher gering ist.

Bild 12
Bild 13

Geht der Frühling ins Land, müssen die sich ohnehin andere Beute suchen. Die Störche, die im Gegensatz zu den Reihern keine geschickten Fischfänger sind, wechseln dann auf die Wiesen, wo sie unvergleichlich mehr Mäuse, Heuschrecken und ähnliches fangen als sie je an Fröschen und Kröten aus den Teichen holen könnten. Und es sind diese Arten, mit denen denn auch den Sommer über die gefräßigen Jungstörche gefüttert werden (Bild 14), bevor diese, inzwischen erwachsen geworden und einen Afrikaausflug reicher an Lebenserfahrung, sich ihrerseits aufmachen, um in unserem Frühjahr Kröten zu schlucken.
Dr. Heinz Klöser

Bild 14


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