Spinnen sind ein uraltes Erfolgskonzept; sie stammen aus einer fernen Vergangenheit, als das Leben zum ersten Mal aus den Ozeanen an Land kroch, zusammen mit anderen Gliedertieren wie Tausendfüßlern und den Vorfahren der Insekten. Diese anderen Gliedertiere stellten die Beute der räuberischen Spinnen dar, und dabei ist es geblieben bis heute, so dass es die Spinnen nie nötig hatten, sich durch weitere Anpassungen zu verändern – Millionen und Abermillionen von Jahren gingen spurlos an ihnen vorbei. Bis auf eine maßgebliche Ausnahme: Als die Insekten sich in die Lüfte erhoben, wohl nicht zuletzt, um dem Jagddruck am Erdboden entgehen zu können, wuchsen den sie jagenden Spinnen nicht etwa auch Flügel, sondern statt dessen begannen sie ihre Netze in die Zweige zu hängen, um damit die fliegende Beute aus der Luft zu fischen.
Und damit haben sie etwas Einzigartiges geschaffen: Kein anderes Material ist so elastisch und dabei so reißfest wie ein Spinnfaden. Mit all unserer Technik sind wir nicht in der Lage, einen Draht oder eine Schnur zu produzieren, die sich mit einem Spinnfaden messen kann. Das hat die Amerikaner zu Doris Days Blütezeit dazu veranlasst, aus Spinnenseide besonders reizvolle Damennachthemden herzustellen. Trotz ihrer zweifellos erotischen Wirkung waren diese Negligées jedoch kein großer Erfolg. Böse Zungen behaupten, sie seien zu reißfest gewesen… - Immerhin werden Spinnfäden auch heute noch dort eingesetzt, wo hochqualitative und extrem dünne Fäden benötigt werden, zum Beispiel in Mess-Okularen in der Mikroskopie. Und die Amerikaner von heute sind natürlich von einem anderen Schlag: Sie experimentieren mit Spinnenseide, um daraus besonders leichte schussfeste Westen herzustellen.