Es ist also gar nicht so einfach, reine Wintergäste, die man im Sommer vergebens bei uns sucht, in der Masse der Wintervögel auszumachen. Aber es gibt sie! Leicht anzutreffen ist bei uns zum Beispiel der Singschwan (Bild 11), dessen Brutgebiete in den nordischen Tundren und an den großen Seen Innerasiens und Sibiriens liegen. Allerdings muss man genauer hinschauen, denn auch unsere Höckerschwäne sammeln sich jetzt in großen Gruppen (Bild 12). Beide Arten sind jedoch trotz ihres völlig weißen Gefieders leicht zu unterscheiden:
Die Höckerschwäne haben – wie der Name ja sagt, auf einer schwarzen Schnabelbasis eine runden Höcker, und ihre Schnabelspitze ist kräftig orangerot, während die Singschwäne eine gelbe Schnabelbasis und eine schwarze Schnabelspitze sowie ein sehr gerades Profil aufweisen. Außerdem halten Singschwäne ihre langen Hälse gerader als die Höckerschwäne, deren als elegant empfundener gebogener Hals ja einer der Gründe war, Höckerschwäne zum beliebten Parkteichgeflügel aufsteigen zu lassen. Der andere Grund ist zweifellos, dass Höckerschwäne ihre Flügel aufplustern, wenn sie angeben wollen, etwas, dass keinem Singschwan je einfallen würde. Des Weiteren gründeln die Singschwäne gerne wie übergroße Enten (Bild 11), was Höckerschwäne nur ausnahmsweise mal tun. Die wichtigste und namengebende Eigenheit des Singschwans ist aber – wie Tiervater Brehm es ausdrückte – „die lauttönende und verhältnismäßig wohlklingende Stimme, welche man übrigens von ferner vernehmen muss, wenn man sie, wie die Isländer, mit Posaunentönen und Geigenlauten vergleichen will.“ Diese Klänge sind von den Dichtern der Romantik zu einem Symbol edlen Ablebens verklärt worden; der sterbende Schwan, der unter wehmütigen Klagelauten dahin scheidet… - doch auch hier kommentierte der alte Brehm nüchtern: „Eigentliche Lieder hat auch der sterbende Schwan nicht mehr; aber sein letztes Aufröcheln ist klangvoll wie jeder Ton, den er von sich gibt.“