Juli – Auf dem Acker

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Ein alter Spruch besagt ja, dass man bisweilen den Wald vor Bäumen nicht sieht. Das mag durchaus sein. Sicher ist jedoch, dass man sehr viel häufiger die Landschaft vor Mais nicht sehen kann. Wo man früher über goldene Getreidefelder schauen konnte, steht heute Mais (Bild 1). An sich ist Mais eine alte, respektable Nutzpflanze, die die Ureinwohner Mexikos gezüchtet haben, und die für Mayas, Azteken und viele andere Völker dort das wesentliche Grundnahrungsmittel darstellten. Nicht so bei uns. Fern seiner tropischen Heimat tut der Mais sich schwer, seine charakteristischen Kolben (Bild 2) auszureifen. Statt dessen wurde der Mais bei uns zu Viehfutter verarbeitet, und dazu brauchte er nicht reif zu sein. Außerdem wird er seit Neuerem er vor allem als Rohmaterial für die Gewinnung von Biogas angebaut, das in den hässlichen Pickeln, die überall aus dem Boden schießen, produziert wird, und mit dem angeblich das Weltklima zu retten sei.

Das mag glauben, wer will; Tatsache ist aber, dass der Anbau von Mais in weiten Gebieten Norddeutschlands den von Brotgetreide verdrängt hat. Dabei sind wir hier im Lauenburgischen noch glimpflich davon gekommen, denn bei uns sind noch große Flächen herkömmlicher Getreidefelder vorhanden. Und so lohnt es sich, vielleicht einmal einen Blick auf die traditionellen Getreidearten zu werden, die im Laufe dieses Monats zur Reife gelangen.

Das wohl wichtigste Getreide – auch weltweit – dürfte der Weizen sein (Bild 3).  Er stammt, wie alle traditionellen Getreide, aus Vorderasien, wo er schon in der Jungsteinzeit gezüchtet wurde. Modernere Sorten tragen sechs Zeilen dicker, eng gepackter Körner, die keine Grannen mehr tragen. Demgegenüber haben viele altertümliche Weizenvarianten (von denen es über 20.000 gibt!), heute keine Bedeutung mehr, so dass man Formen wie Einkorn und Emmer heutzutage eher in Botanischen Gärten als auf dem Acker findet. Lediglich der Dinkel (Bild 4) hat im Rahmen der ökologischen Ernährung zu einer neuen Blüte gefunden, da ihm nachgesagt wird, besonders gesund zu sein.

Bild 3
Bild4

Böse Zungen behaupten hingegen, zumindest in Deutschland sei die wichtigste Getreideart die Gerste (Bild 5). Warum wohl? Bier! Tatsächlich ist Gerste wohl das erste in Kultur genommene Gras gewesen, und schon damals wurde sie zum Bierbrauen benutzt. Es gibt sogar eine Theorie, nach der der gesamte Ackerbau nur eine Folge des ursprünglichen Wunsches war, ein alkoholisches Getränk herstellen zu können. Ungeachtet dessen war die Gerste auch immer schon ein wichtiges Brotgetreide, bis der Weizen ihr den Rang abgelaufen hat. Im Gegensatz zum Weizen trägt sie besonders auffällige Grannen und liefert so das Bild einer Getreidepflanze schlechthin, wie sie in allen möglichen Grafiken wiedergegeben wird.

Bild 5

Roggen (Bild 6), wie die Gerste mit langen Grannen ausgestattet, ist von Deutschland an ostwärts sehr beliebt im Brot, hat aber sonst nur geringe Verbreitung in der Welt gefunden. Er kam ursprünglich eher als Ackerunkraut nach Europa, und fand – einmal in Kultur genommen – nur wenig Anerkennung. Im alten Rom behauptete Plinius der Ältere, dass Roggen eine sehr armselige Nahrung sei und nur der Vermeidung des Hungertodes dienen könne. Er müsse mit Dinkel gemischt werden wegen seines bitteren Geschmacks, und selbst dann sei er für den Magen unbekömmlich. Auf ganz andere Weise, als Plinius wissen konnte, hat man schließlich Roggen mit Weizen gemischt, nämlich in Form einer Hybridzüchtung, die nach den lateinischen Namen für Weizen (Triticum) und Roggen (Secale) als Triticale bezeichnet wird und schnell Karriere als eine wichtige neue Feldfrucht gemacht hat. Das sollte uns aber alles nicht stören. Erinnern wir uns daran, dass Deutschland und Polen als die Länder mit den besten und abwechslungsreichsten Broten der Welt gelten. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass wir Roggen in den Teig tun.

Schließlich soll auch der Hafer (Bild 7) nicht unerwähnt bleiben. Auch er war ursprünglich nur ein Ackerunkraut, wie es sein wilder Verwandter, der Windhafer, heute noch ist. Als sich der Ackerbau vom warmen Vorderasien zu uns in den kühlen und feuchten Norden ausdehnte, wuchsen die damals ja noch primitiveren Getreidesorten immer kümmerlicher, und das Unkraut wurde immer übermächtiger, bis ein schlauer Mensch einfach das Unkraut selbst – den Hafer – in Kultur nahm. Heute ist er zum Beispiel in Skandinavien ein Hauptgetreide. Gleichwohl hat er nie die Bedeutung der anderen Getreide erlangt. Nichtsdestoweniger ist für Müsli und Pferdefutter unverzichtbar.
Dr. Heinz Klöser

Bild 6
Bild 7


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