BUND Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland


Projekt "12 erhabene Bäume im Lauenburgischen"

 
Im Rahmen des Kreissparkassen-Wettbewerbes „GUT. Für die Natur.“ hat die Kreisgruppe die Aktion "12 erhabene Bäume im Lauenburgischen" ins Leben gerufen. Ausgewählte Baum-Monumente sollen mit Schildern gekennzeichnet werden, auf denen botanische und kulturgeschichtliche Merkmale notiert sind.

Im Detail geht es um folgendes:

Zwölf besondere Bäume im Kreis Herzogtum Lauenburg werden nach bestimmten Bewertungskriterien identifiziert, nachhaltig gesichert, zugänglich gemacht und öffentlichkeitswirksam beschrieben.

Der Ablauf des Projektes ist folgendermaßen geplant:

• Auswahlkriterien für die Erhabenheit von Bäumen festlegen (z.B. Alter, Dimension, botanische Art, Kulturgeschichte/Mythen, Schönheit, Seltenheit, gute Erreichbarkeit…)
• Öffentliche Bekanntgabe des Vorhabens und Aufruf zur Beteiligung
• Recherchen bei der Unteren Naturschutzbehörde, Forstämtern, Akademien, Naturschutzverbänden etc.
• Absicherung der Zulässigkeit der Markierung, Beschriftung und Zuwegung zum erhabenen Baum sowie seiner nachhaltigen Sicherung
• Zuwegung festlegen und bei Bedarf herstellen bzw. befestigen
• Texte für die Einzelbäume verfassen (partizipativ mit Experten, Ortsansässigen und Didaktikern)
• Textschilder und Wege-Hinweisschilder anfertigen lassen (wetterfest, unempfindlich gegen Vandadalismus, mit „speziellem“ Symbol des Projektes)
• Entwicklung einer Informations-Broschüre, In-Auftrag-Geben (2.000 Exemplare) und zur Einweihung und danach verbreiten
• andauernde Begleitung des Projektes durch Pressearbeit (z.B. monatliche Beschreibung eines der 12 erhabenen Bäume) und Führungen
• Einrichtung von „Patenschaften“ für jeden erhabenen Baum ( nächstgelegene Schule, Sponsoren,  Naturschutzgruppe, etc.)

Der Jury gehören an: Dr. Wolfram Eckloff (Zoologe i.R.), Bernd Hartmann (Lehrer i.R.), Edda John (Biologin), Eckhard Kropla (Förster) und Fritz Seitz (Kunst-Prof. emeritiert), Günter Schmidt (Geschäftsführer HLMS) .
Kornelia Mrowitzky, Dr. Lutz Fähser

 
Hintergrund


Schleswig-Holstein ist, historisch bedingt, ein waldarmes Land. Aufgrund seiner Geschichte besitzt es daher nur wenige wirklich alte Bäume. Umso wichtiger ist es, die noch vorhandenen Zeitzeugen zu schützen, die es geschafft haben, radikalen Holzeinschlägen, Kriegen und widrigen Witterungsbedingungen zu trotzen und Jahrhunderte zu überstehen.

Durch eine Gesetzesänderung der vorigen CDU-FDP-Landesregierung verloren orts- und landschaftsprägende Bäume in Schleswig-Holstein ihren Schutz.

Seit 30 Jahren sind bei uns im Kreis Herzogtum Lauenburg keine Bäume, Baumgruppen oder Alleen mehr als Naturdenkmal ausgewiesen worden.

Unter den bisherigen politischen Rahmenbedingungen war es leider nicht möglich, alle erhaltenswerten Bäume, Baumgruppen und Alleen wirklich zu schützen. Daher  hat die Kreisgruppe des BUND das Projekt „12 ERHABENE BÄUME IM LAUENBURGISCHEN“ ins Leben gerufen, das auch im Rahmen des Wettbewerbs der Kreissparkasse Herzogtum Lauenburg „GUT. FÜR DIE NATUR.“ gefördert wird.

 
26. Oktober 2012 – Zwischenstand

Am 26 Oktober 2012 tagte die Baum-Jury und wählte aus den bis zum Stichtag insgesamt 64 eingegangenen Vorschlägen die 12 „erhabensten“ aus, wobei unterschiedlichste Ansatzpunkte und Kriterien zu berücksichtigen waren, wie die „Erhabenheit“ an sich, Häufigkeit einer Baumart, Besonderheiten bei Wuchs und Standort sowie die historische Bedeutung. Darüber hinaus spielten Zugänglichkeit, Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit bei der Auswahl eine Rolle.

Unter den „Erhabenen“ befindet sich neben den urigen Kopfpappeln am Mechower Seeufer, dem Ginkgo im Lauenburgischen Fürstengarten, den verbliebenen Bäumen um den ehemaligen Salemer Lindenhof, der Kastanienallee zwischen Alt-Horst und Neu-Horst auch die Ratzeburger Marktplatzlinde, die vor einigen Jahren nur knapp der Fällung entging. Obwohl die Ausnahmegenehmigung zur Fällung, die von der Kreispolitik damals erwirkt worden war, laut Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde inzwischen erloschen ist und es sich bei diesem Baum um ein Naturdenkmal handelt, soll sie nach Meinung der Jury wegen ihrer öffentlichen und historischen Bedeutung an ihrem Standort unbedingt im Rahmen des Projektes berücksichtigt werden.

Da bei den meisten Vorschlägen noch eine Reihe rechtlicher Fragen zu klären sind, kann der BUND die vollständige – verbindliche - Liste leider erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen und bittet hierfür um Verständnis. Während das Projekt-Team Kontakt zu den Eigentümern, in den meisten Fällen Gemeinden, aufnimmt, wird zu den einzelnen Bäumen und Baumgruppen und ihrem kulturhistorischen Umfeld recherchiert; denn alle sollen später „Steckbriefe“ erhalten. Hierbei hilft Archivar Christian Lopau. Geplant ist weiterhin, ab ca. Mai 2013 wöchentlich jeweils einen „Baum der Woche“ der Öffentlichkeit vorzustellen.

Die Projektverantwortlichen der BUND-Kreisgruppe Dr. Lutz Fähser und Kornelia Mrowitzky freuen sich über die sehr positive Resonanz seitens der Behörden und in der Bevölkerung.

Und in einem Punkt waren sich alle Teilnehmer des Treffens einig: Es gibt nicht nur 12, sondern zahlreiche wunderschöne und besondere Bäume in unserem Kreis, die es zu entdecken, vielleicht auch zu sichern gilt. Daher verbleiben auch die nicht ausgewählten Baum-Vorschläge auf der Liste des BUND in der Hoffnung, dass gegebenenfalls sie zu einem späteren Zeitpunkt noch berücksichtigt werden können.

 
Gedanken von Dr. Wolfram Eckloff (Jury)
 
Unsere Punktesammlung würde ich nach folgenden Gesichtspunkten ordnen:

1. Welchen Zweck/welches Ziel (Mission) soll das Projekt haben?

Die Bevölkerung weiß: „Für Bäume ist der Förster zuständig“. Er hat höheres Wissen und Entscheidungsgewalt kraft Amtes. So wird im Allgemeinen hingenommen, was man sieht und sich nicht eingemischt. Denn Bäume haben Wirtschaftswert und „müssen geerntet“, der „Wald muss gepflegt“ werden. – Dabei wird kaum bemerkt, dass all dieses auch nur einer durch Tradition und ökonomischem Denken erzeugten Ideologie entspringt. „Die Bäume lässt der liebe Gott wachsen und der Kahlschlag ist vom Förster“ (Horst Stern, Freiburg 1972).

Angesichts des vermehrten Hiebs auf alte Bäume kommen bei immer mehr Menschen Zweifel auf:
 Darf die Holzökonomie allein maßgebend sein, ob ein Baum gefällt wird? Heute sind es nicht mehr nur Dichter und Philosophen, die für den Erhalt von „altehrwürdigen“, „schönen“ oder „urwüchsigen“ Bäumen und Wäldern schwärmen, sondern Ökologen und Nachhaltigkeitsforscher fordern nicht erst seit Rio 1992 mit scharfen Gründen den Erhalt.

Diese Aktion soll der zivilen Bürgergesellschaft Folgendes bewusst machen:

• „ein Baum ist mehr als ein Baum“ (F. Vester): er ist nützlich für die Grundwasser- und Luftreinigung und –erneuerung und viele andere Funktionen,
• er ist dominantes Glied einer Lebensgemeinschaft und damit wichtige Grundlage für Biodiversität im ökologischen Konnex ,
• er ist durch Größe, Besonderheit und Schönheit wesentliches Element auch des menschlichen Biotopanspruchs (Heimatelement),
• Bäume sind Individuen, die diese genannten Eigenschaften in unterschiedlich intensiver  Weise, verkörpern. Deshalb ist es wichtig, an einzelnen prominenten Exemplaren ihre volle Bedeutung für die Natur und die menschliche Kultur sichtbar zu machen.

2. Welche Rahmenbedingungen sollen für die Auswahl gelten?

• die Baume sollen auf Vorschlägen aus der Bevölkerung ausgewählt werden,
• sie müssen öffentlich erreichbar sein,
• es sollten möglichst viele verschiedene heimische Arten erfasst werden,
• es geht um Einzelbäume und um Baumgruppen und Baumreihen.

3. Was soll „Erhabenheit“ heißen?

• der Baum ist wesentlich, d.h. prägend für seinen Standort,
• der Baum ist von historischer Bedeutung – ein Symbol für ein historisches Ereignis, ein Kulturereignis, eine Mode,
• er hebt sich deutlich durch Alter, Dimension, Schönheit, Wuchsform („ ,“= und/oder) von artgleichen Bäumen der Region ab.

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6. Dezember 2013: Xaver spaltet erhabenen Baum

Die alte Rotbuche am Waldrand in Louisenhof / Müssen
(„Erhabener Baum“ Nr. 10)

Seit etwa 350 Jahren steht die alte Rotbuche am Waldrand in Louisenhof in der Gemeinde Müssen. Schon viel erlebt hat sie in ihrem langen Baumleben. Sie sah Gefechte gegen Napoleon, wechselnde Herrschaften, überlebte den Holzbedarf der Glashütten ebenso wie zwei Weltkriege mit Bombenangriffen, trotzte Dürreperioden, Wind und Wetter. Im  Frieden gewährte sie Menschen Schutz und Schatten, aber auch Zuflucht in der letzten Stunde.

Vor und hinter ihr wurden andere Bäume gefällt – durch eine Fällung riss ihr vor fast 20 Jahren ein anderer Baum einen Teil ihrer Krone weg, so dass auch ihre Fällung schon beschlossen wurde. Dann kam ein junger Mann, der alle Beteiligten davon überzeugte, den alten Baum doch unbedingt stehenzulassen. Er übernahm eine Patenschaft für den Baum, die ihm der damalige Bürgermeister Wachholz dann offiziell übergab. Er versicherte „seinen Baum“ auch über seine Firma, ein land-, forst- und gewässertechnisches Lohnunternehmen. Als die BUND-Kreisgruppe für das Projekt „Erhabene Bäume“ Baumfreunde kreisweit dazu aufrief, besondere und erhabene Bäume, Baumgruppen oder Alleen zu nennen, schickte Stefan Kratzenberg Fotos von „seinem Baum“ ein und war überglücklich, als er erfuhr, dass seine Buche unter die ersten zwölf „Erhabenen“ gewählt worden war und eine eigene Informationstafel zu ihrer Wertschätzung erhalten sollte. Auch Bürgermeister Riewesell unterstützte dieses Vorhaben. Der Naturschutz genießt in der Gemeinde einen hohen Stellenwert  – Müssen hat seit kurzem auch ein eigenes Naturkundehaus.

Am Nikolaustag 2013 nun hat Sturm „Xaver“ der alten Rotbuche den noch lebenden Kronenteil abgebrochen. Nur ein Baum-Torso von ca. 10 m Höhe blieb zurück. Zum Glück darf dieser aber auch weiterhin stehenbleiben und uns vom ganzen Kreislauf des Lebens die letzte Facette zeigen; denn ein sterbender Baum hat einen hohen ökologischen Wert als Lebensgrundlage vieler Pilze, Flechten und Insekten, von denen viele als gefährdete Arten eingestuft sind.

Die geplante Informationstafel, die das rege Leben in einem sterbendem Baum zum  Thema hat, trägt den Titel „Im Frieden leben – in Würde sterben“. Sie wird nach ihrer Fertigstellung vor Ort errichtet, sobald es das Wetter erlaubt.
Zum Projekt "12 erhabene Bäume"

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7. September 2014: Erhabener Baum Doppellinde an der Grander Mühle

Im Jahr 2013 hat die Kreisgruppe des BUND zwölf „Erhabenen Bäumen im Kreis Herzogtum Lauenburg“ ausgewählt. Ein erhabener Baum ist die über 500 Jahre alte Zwillingslinde am Europawanderweg an der Grander Mühle in Kuddewörde. Der mächtige, ca. 35 m hohe Veteran ist Heimstatt zahlreicher Vogelarten: Star, Kleiber, Buchfink. Im Jahr 2014 hatte sich im Frühjahr ein Gänsesägerpaar eine in 8 m Höhe vorhandene Asthöhle als Brutplatz ausgewählt. Nun Anfang September ist ein Waldkautz Gast in der Höhle. Wir sind gespannt, wer sich im kommenden Frühjahr diese komfortable Nisthöhle sichern wird.
   
Der Gänsesäger (Mergus merganser) ist der größte Vertreter der Gattung der Säger aus der Familie der Entenvögel (Anatidae). Das Verbreitungsgebiet ist holarktisch und umfasst weite Teile des nördlichen Eurasiens sowie Nordamerikas. Es werden drei Unterarten unterschieden.
In Mitteleuropa ist der Gänsesäger ein verbreiteter, aber nur wenig häufiger Brut- und Jahresvogel. Im Winterhalbjahr ist die Art in Mitteleuropa als Durchzügler und Wintergast häufiger zu beobachten. Am IJsselmeer (NL) überwintern bis zu 20.000 Individuen und an den großen binnenländischen Seen sind gelegentlich Trupps zu beobachten, die mehrere hundert Gänsesäger umfassen.
  
Der Waldkauz ist unsere häufigste einheimische Eule. Er ist Dämmerungs- und Nachtaktiv und kommt in lichten Wäldern, Gehölzen, Parks mit ausreichendem Höhlenangebot und auch in Städten vor. Tagsüber ruht der Waldkauz gut getarnt in einem Versteck. Mit etwas Glück kann man sie auch am Tag ausmachen. In der Dämmerung und nachts geht er auf Jagd nach: Kleinsäugern, Kleinvögeln und Amphibien. Als Höhlenbrüter bevorzugt der Waldkauz natürliche Baumhöhlen, Felshöhlen, aber auch Mauerlöcher und geeignete Nistkasten werden angenommen.
Hans-Heinrich Stamer

25. September 2014: Erhabene Bäume sind gekennzeichnet

Die ersten drei der zwölf von unserer ehrenamtlichen Jury als erhabene Bäume gekennzeichneten Naturdenkmäler haben jetzt ihre Beschilderung erhalten. Bei einigen Fototerminen haben wir die Auszeichnung im Beisein der Presse dokumentiert.

Initiatorin Kornelia Mrowitzky mit Pate Stefan Kratzenberg und Bürgermeister Uwe Riewesell am Rumpf der Buche beim Louisenhof
Die Herren Vater (Pate), Tobola (Direktor des Augustinums) und Gülzow (Tischler in Ziethen, hinten) mit Kornelia Mrowitzky vor der erhabenen Eiche am Möllner Augustinum

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13. Oktober 2015: Erhabener Ginko erhält Tafel

Kreis-BUND-Projekt „ERHABENE BÄUME im Lauenburgischen" 
Aufstellung einer Tafel für den Ginkgo im Lauenburgischen Fürstengarten

Dr. Wolfram Eckloff hatte als Mitglied der Jury des Projektes eingeladen zur Aufstellung einer Tafel, die den ca. 200 Jahre alte Ginkgo als einen der ausgewählten Bäume des 2012 ins Leben gerufenen Projektes der BUND-Kreisgruppe „ERHABENE BÄUME im Lauenburgischen“ kennzeichnet.
 
Aus ca. 70 Vorschlägen aus der Bevölkerung waren zunächst zwölf Bäume, Baumgruppen bzw. Alleen ausgewählt worden.
 
Bei schon recht herbstlichen Temperaturen zeigte sich der Ginkgo den Baumfreunden, die sich aus diesem Anlass im Fürstengarten in Lauenburg versammelt hatten, noch fast vollständig in seinem grünen Blätterkleid. Dieses besteht aus ganz besonderen - nämlich geteilten - Blättern, die schon Goethe anregten zu seinem 1815 verfassten Gedicht, in dem es heißt „…Ist es ein lebendig Wesen, das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, dass man sie als eines kennt?…“
 
Dr. Eckloff machte darauf aufmerksam, dass der Ginkgo im Fürstengarten sogar in doppelter Hinsicht,  wie im Gedicht „eins und doppelt“ sei; denn der Baum hat auch eine doppelte Krone.
 
Es ist der fünfte Baum, der im Rahmen des Projektes eine Tafel zu seiner Wertschätzung erhält. Gleich von zwei Baumliebhabern vorgeschlagen, wirkt er auch in doppelter Hinsicht „erhaben“: Als ortsprägender Zeitzeuge von beeindruckendem Wuchs mit ca. 4 m Stammumfang und einem Alter, mit dem er zu den ältesten Ginkgos Deutschlands zählt, blickt er von hoch oben weit über die Elbe bis nach Niedersachsen hinein.
 
Mit seiner Nachbarin, der mächtigen alten Blutbuche, teilt er den Altersrekord unter den Bäumen des Parkes.
 
Dank ihres Standortes in der denkmalgeschützten Parkanlage des Fürstengartens, können diese  beiden Bäume hoffen, uralt zu werden.

Für die Initiatoren: Wolfram Eckloff und Kornelia Mrowitzki

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30. Juli 2016: BUND ehrt "Erhabenen Baum"

Zum Projekt "Zwölf erhabene Bäume im Lauenburgischen" hat die Kreisgruppe des BUND am 30. Juli das Hinweis-Schild an der  "Erhabenen Linde" am Europa-Fernwanderweg E 1 bei der Grander Mühle in Kuddewörde eingeweiht.

Rede von Kornelia Mrowitzky

Liebe Lindenfreunde,
im Namen des Projektteams „ERHABENE BÄUME im Lauenburgischen“ der Kreisgruppe des BUND heiße ich Sie ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen Tafeleinweihung für diesen besonderen – ERHABENEN – Baum an diesem besonderen Standort an der wunderschönen historischen Grander Mühle.
Ich stehe hier auch in Vertretung für Herrn Dr. Lutz Fähser, der sich zurzeit für eine Waldkonzept-Beratung zur naturnahen Waldnutzung in Georgien aufhält.

An erster Stelle möchte ich Herrn Scholz für sein Einverständnis danken; denn dieser „ERHABENE BAUM“ steht auf seinem privaten Grund. Des Weiteren danke ich Herrn Gerlach, dem Bürgermeister der Gemeinde Kuddewörde für seine Unterstützung und die Genehmigung der Schildaufstellung auf Gemeindegrund. Und nicht zuletzt danke ich Hans-Heinrich Stamer, der diesen Baum vorgeschlagen und sich ganz besonders für ihn eingesetzt hat. Herrn Dr. Wolfram Eckloff, der die tollen Texte für unsere Tafeln verfasst hat und der auch unsere Jury bereichert, können wir heute leider nicht begrüßen, da er im Urlaub ist. Herrn Ulrich Seibt verdanken wir nicht nur unser schönes Baum-Logo, sondern auch die gelungene grafische Umsetzung all unserer Tafeln – was nicht immer ganz einfach war, denn sie müssen dem vom LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) vorgegebenen Besucherinformationssystem entsprechen und vom LLUR nach Fertigstellung des Entwurfes auch abgenommen werden.

Sehr dankbar sind wir für die finanzielle Unterstützung durch private Sponsoren und die Kreissparkasse, die uns im Rahmen der Förderung „GUT.FÜR DIE NATUR.“ einen Betrag hat zukommen lassen.
Unser Dank gilt auch den vielen privaten und behördlichen Unterstützern, die uns bei den umfangreichen Vorarbeiten und Recherchen auf so vielfältige Art und Weise geholfen haben.

Die Kreisgruppe des BUND hatte das Projekt 2012 ins Leben gerufen, um ein Zeichen zu setzen; denn immer mehr große, alte, landschafts- und ortsprägende Bäume verschwinden unwiederbringlich aus dem Lauenburgischen:
• Sie stehen Baumaßnahmen im Wege
• Sie werden als „verkehrsgefährdend“ beseitigt
• Sie werden holzwirtschaftlich verarbeitet

Dabei sind sie von unersetzlichem Wert für uns Menschen:
• Sie sind Zeitzeugen
• Sie sind Lebensraum biologischer Vielfalt – überhaupt ermöglichen „Arche-Noah-Bäume“ erst das Überleben zahlreicher Lebewesen, die auf Alt- und Totholz angewiesen sind
• Sie dienen dem Schutz unseres Klimas

Gestartet wurde unser Projekt mit einem öffentlichen Aufruf an die Bevölkerung, alte und besondere Bäume, Baumgruppen oder Alleen zu benennen. Aus ursprünglich ca. 65 eingereichten Vorschlägen wählte eine 6-köpfige Jury, zusammengesetzt aus Experten unterschiedlicher Fachrichtungen – vom Förster bis zum Kunstprofessor - 12 Bäume aus, die nach und nach eine individuell gestaltete Tafel erhalten, die die Besonderheit des jeweiligen Baumes und sein kulturelles oder anderweitig prägendes Umfeld in angemessener Weise mit einbeziehen. Kriterien waren:
Der Baum
• …ist prägend für seinen Standort
• …ist von historischer Bedeutung –ein Symbol für ein historisches Ereignis, ein Kulturereignis, eine Mode
• …hebt sich deutlich durch Alter, Dimension, Schönheit, Wuchsform etc. von artgleichen Bäumen der Region ab
• Und /oder ist…schutzwürdig bzw. gefährdet

Ziel war
• Den kulturellen und heimatkundlichen Wert von Bäumen als historischem Bestandteil der lauenburgischen Landschaft
• ihre große Bedeutung für die Grundwasser- und Luftreinigung und –erneuerung sowie
• zahlreiche andere nützliche Funktionen sichtbar und erlebbar zu machen.

Die „Zwillingslinde“ ist der 6. Baum, der auf diese Weise ausgezeichnet wird. Die anderen fünf Tafeln wurden für
• die alte Eibe vor dem A.-Paul-Weber-Museum in Ratzeburg
• eine Eiche am Hegesee vor dem Augustinum in Mölln
• einen Buchenmethusalem in Louisenhof/Müssen
• eine Huteeiche am Stecknitzkanal in Mölln sowie
• für den Ginkgo im Fürstengarten in Lauenburg entwickelt.

Neben Eiben und Eichen können Linden um ein Vielfaches älter werden als wir Menschen. So sagt man in Bezug auf ihr Wachstum, die Linde komme 300 Jahre, stehe 300 Jahre und vergehe 300 Jahre. Legt man dies zugrunde, so stehen wir hier vor einer noch recht jungen Linde!
Linden besitzen eine schier unglaubliche Vitalität. Nicht zuletzt verdanken sie dies der Fähigkeit, sich von innen zu verjüngen, indem sie im hohlen Stamm sogenannte Adventivwurzeln von oben nach unten in den Boden wachsend bilden.

Eine – trotz des Blitzeinschlags - so prächtige Linde mit einer so schönen Krone wie diese Zwillings-Linde sieht man heute allerdings nur noch sehr selten. Während früher Linden im Herzen des Volkes den besten Platz einnahmen als Hausbaum in Hof, Kloster, Burg, an Dorfplätzen und um Kirchen, werden sie heutzutage offenbar kaum noch geschätzt. In unseren Dörfern werden sie vielfach geköpft, verstümmelt oder beseitigt, Neuanpflanzungen werden abgelehnt mit der Begründung, dass sie Autos und die Straßen „verschmutzen“.

Dabei spielten Linden in unserer Kulturgeschichte von jeher eine große Rolle, zahlreich sind ihre Erwähnungen in der Literatur, in Volksliedern, in Sagen und Gedichten. Man denke nur an das von Franz Schubert vertonte Lied „Am Brunnen vor dem Tore“, dessen ursprünglich Version noch „Der Lindenbaum“ hieß und an die Nibelungensage, die erzählt, dass bei Siegfrieds Bad im Drachenblut ein Lindenblatt zwischen seine Schulterblätter fiel und die einzig verwundbare Stelle hinterließ.
Der Blütenreichtum, Garant für eine reiche Honigernte, ließ den Baum zu „des Heiligen Römischen Reiches Bienenweide“ avancieren, das ganze Mittelalter hindurch galt der lindenreiche Nürnberger Reichswald als „des Reiches Bienengarten“.

Früher wurde aus Lindenbast, der unter der Rinde sitzt, nicht nur Kleidung hergestellt, sondern auch Schnüre, Seile, Bogensehnen und Bindebast. Man schätzte seit dem Mittelalter die Heilkraft der Lindenblüten nicht nur im Honig, sondern auch als Tee. Lindenblütentee hilft vor allem bei Erkältungskrankheiten, aber durch die krampflösende Wirkung auch gegen diverse andere Beschwerden, wie Kopf- und Magenschmerzen sowie Nieren- und Blasenerkrankungen. Auch zur äußeren Anwendung werden Lindenblüten eingesetzt: für Wundabheilung und gegen Rheuma und Schlafstörungen. Und schon Hildegard von Bingen war die positive Wirkung von Lindenblättern im Einsatz für die Schönheit bekannt.
Lindenholz ist das klassische Holz der Schnitzer: Heiligenstatuen, Altäre und Krippen wurden daraus geschnitzt. Die heilige Madonna von Tschenstochau, das Nationalheiligtum der Polen, die durch den Papstbesuch gerade viel in den Medien zu sehen war, wurde auf Lindenholz gemalt.

Linden waren darüber hinaus Sinnbild für das vielfältige Leben in der Gemeinde. Unter ihren Kronen wurde getanzt, gefeiert und gesungen. Es wurde unter ihnen aber auch Gericht gehalten, weil man glaubte, dass Menschen unter einer Linde die Wahrheit sagen. Linden sind bekannt als Bäume des Friedens, der Freude, der Liebenden und des Wohlstands. Ich wünsche dieser erhabenen Linde noch ein langes Leben, damit viele Menschen sich an ihr erfreuen können und ich wünsche mir, dass viele Menschen sich für unsere alten Bäume einsetzen, damit sie uns und unserer Nachwelt erhalten bleiben und auch in vielen Jahren die Menschen noch über ERHABENE BÄUME staunen können!

 

Pressetext
Sehr geehrte Damen und Herren,
 
wir freuen uns, Ihnen einen weiteren "ERHABENEN BAUM" vorstellen zu dürfen, der am kommenden Samstag eine Tafel zu seiner Wertschätzung erhält:
 
Ein wahrhaft imposanter Baum ist die alte Linde mit der doppelten Krone, die nun im Rahmen des 2012 gestarteten BUND-Projektes „ERHABENE BÄUME IM LAUENBURGISCHEN“ am 30. Juli 2016 um 16:00 Uhr eine Tafel zu ihrer Wertschätzung erhält. Mit einem Stammumfang von mehr als 4,70 m steht die „Zwillingslinde“ - in doppelter Hinsicht erhaben - am Hang direkt am Europawanderweg E1 zwischen der Grander Mühle und der Sachsenwaldstraße in Kuddewörde und überblickt majestätisch das Billetal mit der historischen Wassermühle.
 
Viel erlebt und gesehen hat diese Linde in ihrem ca. 300-jährigen Leben: die wechselvolle Geschichte der Mühle mit Feuer und Hochwasser; einen Blitzeinschlag in ihre östliche Krone, dessen Verwundung einen offenen Hohlstamm entstehen ließ. Dadurch bietet sie nun neuen Lebensraum für viele Arten. Im vergangenen Sommer war sie so Kinderstube für eine Gänsesägerfamilie, deren Küken sich in halsbrecherischer Weise – wie es sich für Gänsesägerküken gehört – aus schwindelerregender Höhe aus dem Nest stürzten, um zum Wasser der Bille zu gelangen.
 
Die „Zwillingslinde“ ist der 6. Baum, der auf diese Weise ausgezeichnet wird. Die anderen fünf Tafeln wurden für die alte Eibe vor dem A.-Paul-Weber-Museum in Ratzeburg, eine Eiche am Hegesee vor dem Augustinum in Mölln, einen Buchenmethusalem in Louisenhof/Müssen, eine Huteeiche am Stecknitzkanal in Mölln sowie für den Ginkgo im Fürstengarten in Lauenburg entwickelt.
Die Textentwürfe entstammen der Feder von Dr. Wolfram Eckloff, dem früheren Leiter des Naturkundemuseums in Lübeck, die gelungene grafische Umsetzung verdanken wir Ulrich Seibt aus Basthorst.
Die Vorschläge für die „ERHABENEN BÄUME“ kamen nach einem Presseaufruf aus der Bevölkerung, die Auswahl traf eine 6-köpfige Jury. Projektverantwortliche sind Dr. Lutz Fähser aus Ritzerau und Kornelia Mrowitzky aus Salem.
Dieses Projekt erhielt finanzielle Unterstützung durch die Kreissparkasse im Rahmen der Förderung „GUT.FÜR DIE NATUR.“ und von privaten Sponsoren.
Wir danken den vielen privaten und behördlichen Unterstützern, die uns bei den umfangreichen Vorarbeiten und Recherchen auf so vielfältige Art und Weise geholfen haben.
 
Dem Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Linde steht, Herrn Michael Scholz, sowie dem Bürgermeister der Gemeinde Kuddewörde, Herrn Wolfgang Gerlach danken wir herzlich für ihre Zustimmung, die die Umsetzung vor Ort erst möglich macht. Beide werden am Samstag anwesend sein.
 
Alle interessierten Naturfreunde und Naturfreundinnen sind zur Aufstellung der Tafel herzlich eingeladen!

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Quelle: http://archiv.bund-herzogtum-lauenburg.de/projekte/12_erhabene_baeume/