Zum Projekt "Zwölf erhabene Bäume im Lauenburgischen" hat die Kreisgruppe des BUND am 30. Juli das Hinweis-Schild an der "Erhabenen Linde" am Europa-Fernwanderweg E 1 bei der Grander Mühle in Kuddewörde eingeweiht.
Rede von Kornelia Mrowitzky
Liebe Lindenfreunde,
im Namen des Projektteams „ERHABENE BÄUME im Lauenburgischen“ der Kreisgruppe des BUND heiße ich Sie ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen Tafeleinweihung für diesen besonderen – ERHABENEN – Baum an diesem besonderen Standort an der wunderschönen historischen Grander Mühle.
Ich stehe hier auch in Vertretung für Herrn Dr. Lutz Fähser, der sich zurzeit für eine Waldkonzept-Beratung zur naturnahen Waldnutzung in Georgien aufhält.
An erster Stelle möchte ich Herrn Scholz für sein Einverständnis danken; denn dieser „ERHABENE BAUM“ steht auf seinem privaten Grund. Des Weiteren danke ich Herrn Gerlach, dem Bürgermeister der Gemeinde Kuddewörde für seine Unterstützung und die Genehmigung der Schildaufstellung auf Gemeindegrund. Und nicht zuletzt danke ich Hans-Heinrich Stamer, der diesen Baum vorgeschlagen und sich ganz besonders für ihn eingesetzt hat. Herrn Dr. Wolfram Eckloff, der die tollen Texte für unsere Tafeln verfasst hat und der auch unsere Jury bereichert, können wir heute leider nicht begrüßen, da er im Urlaub ist. Herrn Ulrich Seibt verdanken wir nicht nur unser schönes Baum-Logo, sondern auch die gelungene grafische Umsetzung all unserer Tafeln – was nicht immer ganz einfach war, denn sie müssen dem vom LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) vorgegebenen Besucherinformationssystem entsprechen und vom LLUR nach Fertigstellung des Entwurfes auch abgenommen werden.
Sehr dankbar sind wir für die finanzielle Unterstützung durch private Sponsoren und die Kreissparkasse, die uns im Rahmen der Förderung „GUT.FÜR DIE NATUR.“ einen Betrag hat zukommen lassen.
Unser Dank gilt auch den vielen privaten und behördlichen Unterstützern, die uns bei den umfangreichen Vorarbeiten und Recherchen auf so vielfältige Art und Weise geholfen haben.
Die Kreisgruppe des BUND hatte das Projekt 2012 ins Leben gerufen, um ein Zeichen zu setzen; denn immer mehr große, alte, landschafts- und ortsprägende Bäume verschwinden unwiederbringlich aus dem Lauenburgischen:
• Sie stehen Baumaßnahmen im Wege
• Sie werden als „verkehrsgefährdend“ beseitigt
• Sie werden holzwirtschaftlich verarbeitet
Dabei sind sie von unersetzlichem Wert für uns Menschen:
• Sie sind Zeitzeugen
• Sie sind Lebensraum biologischer Vielfalt – überhaupt ermöglichen „Arche-Noah-Bäume“ erst das Überleben zahlreicher Lebewesen, die auf Alt- und Totholz angewiesen sind
• Sie dienen dem Schutz unseres Klimas
Gestartet wurde unser Projekt mit einem öffentlichen Aufruf an die Bevölkerung, alte und besondere Bäume, Baumgruppen oder Alleen zu benennen. Aus ursprünglich ca. 65 eingereichten Vorschlägen wählte eine 6-köpfige Jury, zusammengesetzt aus Experten unterschiedlicher Fachrichtungen – vom Förster bis zum Kunstprofessor - 12 Bäume aus, die nach und nach eine individuell gestaltete Tafel erhalten, die die Besonderheit des jeweiligen Baumes und sein kulturelles oder anderweitig prägendes Umfeld in angemessener Weise mit einbeziehen. Kriterien waren:
Der Baum
• …ist prägend für seinen Standort
• …ist von historischer Bedeutung –ein Symbol für ein historisches Ereignis, ein Kulturereignis, eine Mode
• …hebt sich deutlich durch Alter, Dimension, Schönheit, Wuchsform etc. von artgleichen Bäumen der Region ab
• Und /oder ist…schutzwürdig bzw. gefährdet
Ziel war
• Den kulturellen und heimatkundlichen Wert von Bäumen als historischem Bestandteil der lauenburgischen Landschaft
• ihre große Bedeutung für die Grundwasser- und Luftreinigung und –erneuerung sowie
• zahlreiche andere nützliche Funktionen sichtbar und erlebbar zu machen.
Die „Zwillingslinde“ ist der 6. Baum, der auf diese Weise ausgezeichnet wird. Die anderen fünf Tafeln wurden für
• die alte Eibe vor dem A.-Paul-Weber-Museum in Ratzeburg
• eine Eiche am Hegesee vor dem Augustinum in Mölln
• einen Buchenmethusalem in Louisenhof/Müssen
• eine Huteeiche am Stecknitzkanal in Mölln sowie
• für den Ginkgo im Fürstengarten in Lauenburg entwickelt.
Neben Eiben und Eichen können Linden um ein Vielfaches älter werden als wir Menschen. So sagt man in Bezug auf ihr Wachstum, die Linde komme 300 Jahre, stehe 300 Jahre und vergehe 300 Jahre. Legt man dies zugrunde, so stehen wir hier vor einer noch recht jungen Linde!
Linden besitzen eine schier unglaubliche Vitalität. Nicht zuletzt verdanken sie dies der Fähigkeit, sich von innen zu verjüngen, indem sie im hohlen Stamm sogenannte Adventivwurzeln von oben nach unten in den Boden wachsend bilden.
Eine – trotz des Blitzeinschlags - so prächtige Linde mit einer so schönen Krone wie diese Zwillings-Linde sieht man heute allerdings nur noch sehr selten. Während früher Linden im Herzen des Volkes den besten Platz einnahmen als Hausbaum in Hof, Kloster, Burg, an Dorfplätzen und um Kirchen, werden sie heutzutage offenbar kaum noch geschätzt. In unseren Dörfern werden sie vielfach geköpft, verstümmelt oder beseitigt, Neuanpflanzungen werden abgelehnt mit der Begründung, dass sie Autos und die Straßen „verschmutzen“.
Dabei spielten Linden in unserer Kulturgeschichte von jeher eine große Rolle, zahlreich sind ihre Erwähnungen in der Literatur, in Volksliedern, in Sagen und Gedichten. Man denke nur an das von Franz Schubert vertonte Lied „Am Brunnen vor dem Tore“, dessen ursprünglich Version noch „Der Lindenbaum“ hieß und an die Nibelungensage, die erzählt, dass bei Siegfrieds Bad im Drachenblut ein Lindenblatt zwischen seine Schulterblätter fiel und die einzig verwundbare Stelle hinterließ.
Der Blütenreichtum, Garant für eine reiche Honigernte, ließ den Baum zu „des Heiligen Römischen Reiches Bienenweide“ avancieren, das ganze Mittelalter hindurch galt der lindenreiche Nürnberger Reichswald als „des Reiches Bienengarten“.
Früher wurde aus Lindenbast, der unter der Rinde sitzt, nicht nur Kleidung hergestellt, sondern auch Schnüre, Seile, Bogensehnen und Bindebast. Man schätzte seit dem Mittelalter die Heilkraft der Lindenblüten nicht nur im Honig, sondern auch als Tee. Lindenblütentee hilft vor allem bei Erkältungskrankheiten, aber durch die krampflösende Wirkung auch gegen diverse andere Beschwerden, wie Kopf- und Magenschmerzen sowie Nieren- und Blasenerkrankungen. Auch zur äußeren Anwendung werden Lindenblüten eingesetzt: für Wundabheilung und gegen Rheuma und Schlafstörungen. Und schon Hildegard von Bingen war die positive Wirkung von Lindenblättern im Einsatz für die Schönheit bekannt.
Lindenholz ist das klassische Holz der Schnitzer: Heiligenstatuen, Altäre und Krippen wurden daraus geschnitzt. Die heilige Madonna von Tschenstochau, das Nationalheiligtum der Polen, die durch den Papstbesuch gerade viel in den Medien zu sehen war, wurde auf Lindenholz gemalt.
Linden waren darüber hinaus Sinnbild für das vielfältige Leben in der Gemeinde. Unter ihren Kronen wurde getanzt, gefeiert und gesungen. Es wurde unter ihnen aber auch Gericht gehalten, weil man glaubte, dass Menschen unter einer Linde die Wahrheit sagen. Linden sind bekannt als Bäume des Friedens, der Freude, der Liebenden und des Wohlstands. Ich wünsche dieser erhabenen Linde noch ein langes Leben, damit viele Menschen sich an ihr erfreuen können und ich wünsche mir, dass viele Menschen sich für unsere alten Bäume einsetzen, damit sie uns und unserer Nachwelt erhalten bleiben und auch in vielen Jahren die Menschen noch über ERHABENE BÄUME staunen können!
Pressetext
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns, Ihnen einen weiteren "ERHABENEN BAUM" vorstellen zu dürfen, der am kommenden Samstag eine Tafel zu seiner Wertschätzung erhält:
Ein wahrhaft imposanter Baum ist die alte Linde mit der doppelten Krone, die nun im Rahmen des 2012 gestarteten BUND-Projektes „ERHABENE BÄUME IM LAUENBURGISCHEN“ am 30. Juli 2016 um 16:00 Uhr eine Tafel zu ihrer Wertschätzung erhält. Mit einem Stammumfang von mehr als 4,70 m steht die „Zwillingslinde“ - in doppelter Hinsicht erhaben - am Hang direkt am Europawanderweg E1 zwischen der Grander Mühle und der Sachsenwaldstraße in Kuddewörde und überblickt majestätisch das Billetal mit der historischen Wassermühle.
Viel erlebt und gesehen hat diese Linde in ihrem ca. 300-jährigen Leben: die wechselvolle Geschichte der Mühle mit Feuer und Hochwasser; einen Blitzeinschlag in ihre östliche Krone, dessen Verwundung einen offenen Hohlstamm entstehen ließ. Dadurch bietet sie nun neuen Lebensraum für viele Arten. Im vergangenen Sommer war sie so Kinderstube für eine Gänsesägerfamilie, deren Küken sich in halsbrecherischer Weise – wie es sich für Gänsesägerküken gehört – aus schwindelerregender Höhe aus dem Nest stürzten, um zum Wasser der Bille zu gelangen.
Die „Zwillingslinde“ ist der 6. Baum, der auf diese Weise ausgezeichnet wird. Die anderen fünf Tafeln wurden für die alte Eibe vor dem A.-Paul-Weber-Museum in Ratzeburg, eine Eiche am Hegesee vor dem Augustinum in Mölln, einen Buchenmethusalem in Louisenhof/Müssen, eine Huteeiche am Stecknitzkanal in Mölln sowie für den Ginkgo im Fürstengarten in Lauenburg entwickelt.
Die Textentwürfe entstammen der Feder von Dr. Wolfram Eckloff, dem früheren Leiter des Naturkundemuseums in Lübeck, die gelungene grafische Umsetzung verdanken wir Ulrich Seibt aus Basthorst.
Die Vorschläge für die „ERHABENEN BÄUME“ kamen nach einem Presseaufruf aus der Bevölkerung, die Auswahl traf eine 6-köpfige Jury. Projektverantwortliche sind Dr. Lutz Fähser aus Ritzerau und Kornelia Mrowitzky aus Salem.
Dieses Projekt erhielt finanzielle Unterstützung durch die Kreissparkasse im Rahmen der Förderung „GUT.FÜR DIE NATUR.“ und von privaten Sponsoren.
Wir danken den vielen privaten und behördlichen Unterstützern, die uns bei den umfangreichen Vorarbeiten und Recherchen auf so vielfältige Art und Weise geholfen haben.
Dem Eigentümer des Grundstückes, auf dem die Linde steht, Herrn Michael Scholz, sowie dem Bürgermeister der Gemeinde Kuddewörde, Herrn Wolfgang Gerlach danken wir herzlich für ihre Zustimmung, die die Umsetzung vor Ort erst möglich macht. Beide werden am Samstag anwesend sein.
Alle interessierten Naturfreunde und Naturfreundinnen sind zur Aufstellung der Tafel herzlich eingeladen!