AKW Krümmel – Szenario 2009
Im Kreis Herzogtum Lauenburg liegt das Atomkraftwerk Krümmel. Die Vogänge im AKW nach dem Trafobrand im Juni 2007 sind in der Presse deutschlandweit hinreichend dargestellt.
Mit einer beispielslosen Pannenserie hat der Stromkonzern Vattenfall im Sommer 2009 versucht, das fast zwei Jahre stillgelegte Atomkraftwerk wieder ans Netz zu bringen. Das Hauptproblem ist aus unserer Sicht die Aufrüstung der Kraftwerksleistung durch Installation einer zusätzlichen Turbine vor ca. drei Jahren ohne eine Anpassung der Transformatorleistung. Die Folge: Trafobrand und Kurzschlüsse. Dies wurd von der Kraftwerksleistung trotz zweijähriger Nachdenkzeit weder anerkannt noch berücksichtigt. Nach dem letzten Kurzschluss, der in einer Trial-and-Error-Maßnahme ohne Rücksicht auf mögliche Gefährdungen der Bevölkerung provoziert wurde, kam endlich die Einsicht, die Trafos gegen andere neue Modelle auszutauschen. Zu spät, wie wir meinen. Das Vertrauen ist verloren. Krümmel darf nicht wieder angeschaltet werden. Dilettantismus und unverantwortliches Handeln müssen ein Ende haben.
Wir geben hier Stellungnahmen des BUND wieder.
Pressemitteilung vom 8. Juli 2009
Krümmel kein Einzelfall: Schwachstellen und Mängel in vielen deutschen Atomkraftwerken. Betriebsgenehmigungen sofort entziehen
Berlin: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat sich im Atomstreit nach der erneuten Panne im AKW Krümmel gegen jede weitere Verzögerung beim Atomausstieg ausgesprochen. Auf der Tagesordnung müsse die sofortige Stilllegung der acht ältesten und gefährlichsten Atomkraftwerke stehen. Möglich sei dies nach Paragraph 17 des Atomgesetzes durch Widerruf der Betriebsgenehmigung seitens der zuständigen Behörden. Das allein sei eine geeignete Maßnahme zur Minderung der erheblichen Gefahren für die Bevölkerung. Den Vorschlag, Strommengen älterer AKW auf jüngere zu übertragen, lehnte der BUND ab. Damit würde der komplette Atomausstieg um Jahre hinausgezögert.
„Es darf keine weiteren Verzögerungen beim Atomausstieg geben. Wenn die Krümmel-Panne zu einem Laufzeit-Deal mit den Stromkonzernen führt, bleiben die Risiken auf Jahre bestehen“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Die Atomaufsichtsbehörden der Länder müssen die Betriebsgenehmigungen für die Atomkraftwerke Krümmel, Brunsbüttel, Biblis A und B, Neckarwestheim 1, Isar 1, Unterweser und Philippsburg 1 sofort widerrufen. Nach Widerruf der Betriebsgenehmigungen gibt es keinen Grund mehr, etwaige Restlaufzeiten auf neuere Kraftwerke zu übertragen.“
Wie schlecht es um die Sicherheitslage in deutschen Atommeilern bestellt sei, untermauerte der BUND in einem Recherchebericht mit dem Titel „Atomstrom 2009: Sauber, sicher, alles im Griff?“ des unabhängigen Atomexperten Helmut Hirsch. Technische Mängel und Schlampereien würden von den zuständigen Länderbehörden und deren Sachverständigen jahrelang übersehen und oft nur durch Zufall erkannt. Massiv unterschätzt werde das Risiko von Erdbeben in Biblis und von Überflutungen in Unterweser. Fehlerhafte Dübel in Biblis und Nachlässigkeiten beim Notkühlsystem in Philippsburg 2 seien weitere Beispiele für mangelhaftes Sicherheitsmanagement.
Die angeblich niedrige Wahrscheinlichkeit schwerer Zwischenfälle müsse regelmäßig zur Beschwichtigung der Öffentlichkeit herhalten. So geschehen im Falle der störungsanfälligen Sicherheitsbehälter bei den Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Isar-1, Philippsburg-1 und Krümmel. Ignoriert würden zudem neue Erkenntnisse über die Gefahren der Atomenergie auf internationaler Ebene. Hier nennt die BUND-Studie Untersuchungen aus der Schweiz und Japan über Erdbebenrisiken. Eine besondere Schwachstelle - auch gegenüber potentiellen Terrorattacken - hätten die Siedewasserreaktoren der sogenannten „Baulinie 69“, zu denen Krümmel, Brunsbüttel, Philippsburg 1 und Isar 1 gehörten. Das Brennelemente-Lagerbecken befinde sich dort im oberen Teil des Reaktorgebäudes über dem Containment. Es enthalte erheblich mehr langlebige radioaktive Stoffe als der Reaktor selbst.
Weiger: „Wann endlich wird die Politik sich nicht mit dem Abwracken von Autos sondern mit dem Abwracken von Schrottreaktoren befassen? Hoffentlich nicht erst dann, wenn es zu spät ist. Atomkraftwerke gefährden eine sichere Stromversorgung in Deutschland und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Deshalb müssen die ältesten und gefährlichsten Meiler sofort stillgelegt werden.“
Die BUND-Studie von Helmut Hirsch „Atomstrom 2009: Sauber, sicher, alles im Griff?“ finden Sie im Internet unter: http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/publikationen/atomkraft/20090708_atomkraft_atomstudie.pdf
Pressekontakt: Thorben Becker, BUND-Energieexperte, Tel. 030-27586-421 bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. 030-27586-425, Mobil: 0171-8311051, E-Mail: presse@bund.net, www.bund.net
Pressemitteilung vom 9. Juli 2009
Erneuter Störfall Krümmel:
Herr Carstensen, halten Sie Wort!
Nach dem weiteren Störfall in Krümmel, der Entdeckung defekter Brennstäbe, fordert der BUND den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Carstensen auf, sein Wort zu halten. Der MP hatte nach de letzten Störfällen, dem Kurzschluss eines Trafos und die verschwiegene Nichtbeachtung von Auflagen der Atomaufsicht, dem Vorstandsvorsitzenden von Vattenfall Hatakka, gesagt, Vattenfall habe nur noch eine Chance, danach werde er, Carstensen, sich persönlich dafür einsetzen, dass Krümmel abgeschaltet wird.
„Vattenfall hat seine Glaubwürdigkeit und damit seine letzte Chance endgültig verspielt, ein Weiterbetrieb von Krümmel ist unverantwortlich. Herr Ministerpräsident, die Menschen vertrauen Ihrem Wort, schalten Sie jetzt Krümmel ab.“, fordert die BUND-Landesvorsitzende Sybille Macht-Baumgarten. „Keiner vertraut noch Vattenfall, schon gar nicht darf Vattenfall der Betrieb eines Atomkraftwerkes anvertraut werden.“
Für Rückfragen: Hans-Jörg Lüth, Tel.: 0431-66060-20, Email: hans-joerg.lueth@bund-sh.de